assets Magazin: Florian Wille, Hoteldirektor Palais Hansen Kempinski
"Unsere Gastronomie ist seit dem erstem Tag der Wiedereröffnung gut gebucht."
Florian Wille, Hoteldirektor Palais Hansen Kempinski

Wiener Sehnsucht

assets: Das Palais Hansen Kempinski Vienna scheint bisher vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen zu sein. Was war Ihre Strategie, die langen Lockdowns zu überstehen?
Florian Wille: Unsere Strategie war von Anfang an, den Kopf über Wasser zu halten und nach Land zu suchen. Das war nicht immer einfach, aber es hat geholfen, den Fokus und die Motivation zu halten, völlig neue Geschäftsfelder zu erkunden und zu erschließen.

Ist die Staycation-Idee aufgegangen? Nutzten viele Österreicher das Angebot, an der Ringstraße zu wohnen und die luxuriösen Einrichtungen des Palais Hansen Kempinski zum Sonderpreis zu nutzen?
Wille: Die Idee ist insofern aufgegangen, als wir ein für viele Wiener und Österreicher neues Vokabel etablieren konnten. Ich bin auch überzeugt, dass diese Idee erst im Winter wirklich Früchte tragen wird, da man an einem kalten Winterwochenende die Vorzüge von einem tollen Spa und einem Frühstück im Bett mehr zu schätzen weiß als eine Klimaanlage an einem heißen Sommertag.

Eine Folge der schon so lange andauernden Pandemie für den Arbeitsmarkt ist: Homeoffice wird nicht mehr verschwinden. Manche wollen dennoch nicht nur daheim bleiben und ziehen sich in Hotels zum Arbeiten zurück. Gibt es dazu auch Angebote von Ihrem Haus?
Wille: Auch das war eine Option, die wir quasi vom ersten Tag an angeboten haben. Es ermöglicht ein ruhiges Arbeiten mit stabilem Internet und den Möglichkeiten, ein Business-Center oder einen Boardroom mit modernstem Videoequipment zu nutzen. Und natürlich kann man sich Snacks oder Mittagessen servieren lassen –Kaffee, Tee, Softdrinks etc. gibt es sowieso auf jedem Zimmer. Und wenn man eine Pause braucht, kann man sich bei einer Massage verwöhnen lassen oder sich im Gym auspowern. Eigentlich ein perfekter Arbeitstag, finden Sie nicht?

Manche Unternehmen haben auf die Forderung nach Homeoffice bereits mit einer Verkleinerung ihrer Betriebsflächen reagiert. Da es ohne Meetings abseits digitaler Treffen doch nicht geht – welche Angebote machen Sie Unternehmen, diese Meetings, Konferenzen und Workshops in Ihrem Haus abzuhalten?
Wille: Unser Palais, das 1873 zur Weltausstellung fertiggestellt worden ist, verfügt innerhalb seiner historischen Mauern – die übrigens sehr viele Details von Theophil Hansen im Original zeigen – über modernste Technik sowie eine Vielzahl von verschieden kombinierbaren Meeting- und Veranstaltungsräumen. Unser Ballsaal im Erdgeschoss mit eigenem Eingang wurde bereits mehrfach als hochprofessionelles Übertragungsstudio für Hybridveranstaltungen genutzt. Mit seinen 281 Quadratmetern bietet er ausreichend Platz und die ebenerdige Logistik gestaltet sich sehr einfach. Im Mezzanin stehen acht weitere Räume zur Verfügung, die sich beliebig zwischen 27 Quadratmetern und 110 Quadratmetern gestalten lassen. Unser Boardroom ist mit einem hochmodernen, großen Smart-TV ausgestattet, der wie ein Touchpad funktioniert und auch Videokonferenzen ermöglicht. Ein großes Plus ist auch, dass alle unserer Räumlichkeiten über Tageslicht verfügen.

Ein besonderes Highlight im Palais Hansen Kempinski ist die mehrfach ausgezeichnete Gastronomie. Kommen Business-Lunches und geschäftliche Dinner langsam wieder ins Laufen? Welche Maßnahmen hat Ihr Haus ergriffen, damit Gäste in der „Cigar Lounge“, dem mit einem Michelin-Stern ausgezeichneten „Edvard“, dem Sushi-Spezialitätenrestaurant „Daihachi“ oder dem gemütlichen wienerischen Restaurant „Die Küche“ sorgenfrei genießen können?
Wille: Die Sicherheit unserer Gäste und Mitarbeiter hat immer höchste Priorität. Und so haben wir bereits im April 2020 mit der Implementierung der strengsten Auflagen begonnen und haben dafür viele Auszeichnungen und Gütesiegel erhalten. Ab dem ersten Tag der Wiedereröffnung dieser Bereiche waren wir sehr stark gebucht – die Menschen haben sich ganz klar nach einem tollen Essen in schöner Umgebung gesehnt. Unser Michelin-Stern-Restaurant „Edvard“ – das war übrigens der zweite Vorname von Theophil Hansen – durfte vom ersten Tag an unsere treuen Stammgäste begrüßen, aber auch viele Leute, die noch nie bei uns waren, haben den Wunsch, sich so richtig verwöhnen zu lassen. Auch unser berühmter Sunday Brunch im Restaurant „Die Küche Wien“ war ausgebucht vom Wiederbeginn an. Der Bereich, der zweifellos gelitten hat, ist der Business-Lunch – da viele Büros in unserer Umgebung zumindest noch teilweise im Homeoffice sind, ist hier die Nachfrage noch sehr gering. Aber auch hier sehen wir in den letzten Wochen ein positives Momentum.

Eine Möglichkeit für Wiener, Ihr Haus zu nutzen, ist, eine Mitgliedschaft im Kempinski The Spa zu erwerben und auch als externe Gäste Entspannung auf höchstem Niveau für Körper und Geist zu genießen oder im Fitnessstudio Alltagsstress abzubauen und Energiereservoirs neu aufzufüllen. Wird dieses Angebot gut genutzt?
Wille: Das Angebot unseres Fitnessstudios sowie unsere Wellness- und Spa-Angebote werden tatsächlich sehr gut angenommen. Vor allem in Zeiten der Pandemie schätzen es unsere Gäste, nicht in einem Großraumstudio mit vielen anderen Personen zu trainieren, sondern in privater Atmosphäre ungestört ihr Work-out machen zu können. Unsere Massagen sind ebenfalls sehr beliebt, das Angebot wird saisonal verändert, und auch bei unseren Beautybehandlungen können wir in Wien einzigartige Packages anbieten, etwa eine HydraFacial-Behandlung, die es sonst nur bei ausgewählten Kosmetikstudios oder Dermatologen gibt.

Wann rechnen Sie damit, dass der Städte-Tourismus wieder ins Laufen kommt?
Wille: Ins Laufen kommt der Städtetourismus schon wieder – aber natürlich auf sehr niedrigem Niveau. Doch die Vorzeichen sind positiv, es gibt bereits wieder Gruppenanfragen und MICE-Gruppen, außerdem ist die Klientel wesentlich internationaler als in den ersten Szenarien angenommen. Um wirklich wieder auf Vorkrisenniveau zu kommen, wird es aber wohl noch bis 2023 bzw. 2024 dauern, da hier sehr viele Faktoren, wie die Durchimpfungsrate in unseren Herkunftsmärkten, Reiserestriktionen, gekürzte Budgets, limitierte Flugverbindungen etc., eine tragende Rolle spielen.

Enorm wichtig für den Wiener Tourismus sind auch internationale Kongresse und Tagungen. Viele Besucher nutzen durch die zentrale Lage Ihres Hotels die Möglichkeit, neben den Tagungsprogrammen die Stadt Wien von ihrer schönsten Seite kennenzulernen. Kommt dieser Kongresstourismus langsam wieder auf Touren?
Wille: Die großen Kongresse haben eine Vorlaufzeit von über zwölf Monaten, daher ist es hier zu früh, eine fundierte Aussage zu treffen. Wir wissen, dass tatsächlich einige große Kongresse für 2022 in der Pipeline warten, sind aber bei der Einschätzung der tatsächlichen Materialisierung sehr vorsichtig geworden. Die letzten eineinhalb Jahre haben uns hier eine sehr schmerzhafte Lektion erteilt und uns zu noch mehr Flexibilität und Kreativität angehalten. Ich glaube aber, dass die hybride Form ein fixer Bestandteil zukünftiger Veranstaltungen werden wird, da hier zumindest eine gewisse Sicherheit der Durchführung gewährleistet ist.

Was ist für das Palais Hansen Kempinski als eines der ersten Häuser Wiens die Lehre aus den vergangenen beiden Jahren?
Wille: Noch schneller reagieren, niemals aufgeben und mehr denn je: Nichts ist unmöglich!