(c) Maria Ziegler auf Unsplash
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RE/MAX-ImmoSpiegel 2022 Gesamtmarkt

Die steil nach oben zeigende Wachstumskurve der Immobilienverkäufe hat mit dem Jahr 2022 einen Knick bekommen. Seit 2013 ist Jahr für Jahr die Menge der für neue Eigentümer verbücherten Immobilien nahezu unaufhaltsam gestiegen – nur 2017 fehlten 0,2 % auf das Vorjahr. In den letzten drei Jahren lagen die Zuwachsraten bei 7,4 % (2019/18), +5,1 % (2020/19) und 12,0 % (2021/20). Doch heuer fehlen nicht wie 2017 -265 Immobilien auf die Vorjahresmenge, sondern -16.740. Das meldet der größte heimische Immobilienvermittler im RE/MAX-ImmoSpiegel 2022.

Von 163.266 auf 146.526 Einheiten ist die Handelsmenge geschrumpft, um satte -10,3 %. Dennoch ist dies gerade noch das zweitbeste Ergebnis bisher, immerhin einen halben Prozentpunkt über jenem von 2020.
Bereits im ersten Halbjahr zeichnete sich eine Trendwende ab, mit -3,0 % weniger Verbücherungen als 2021, doch durchschlagend war die Veränderung ab dem zweiten Halbjahr.

Verschärfung hausgemacht
Zusätzlich zur Coronakrise, Ukrainekrise und Energiekrise kam die Kreditkrise, weil viele Kaufinteressenten, die vorher mit der gleichen Bonität für die gleichen Immobilien jahrelang Hypothekarkredite erhalten hätten, diese „dank“ verschärfter Vergaberichtlinien der Finanzmarktaufsicht (FMA) plötzlich bei österreichischen Banken nicht mehr erhielten (wohl aber bei ausländischen, beispielsweise Deutschen Banken für ihre Immobilien in Österreich). Dieser Weg zu ausländischem Geld für österreichische Immobilien wurde aber nur von wenigen Kaufwilligen gegangen, die meisten setzten auf Abwarten, oder haben ihren Immobilienkauf-Traum vorerst begraben.
Damit entspannte sich der Nachfrageüberhang und das Immobilienangebot stieg an, einige der im August in Kraft getretenen Kreditvergabeverschärfungen werden zwar wieder abgemildert (z. B. im Bereich der Zwischenfinanzierung), aber das wird sich frühestens im zweiten Quartal 2023 in der Verbücherungsstatistik niederschlagen.

Jammern auf hohem Niveau?
Auch wenn die Jahresergebnisse noch über jenen von 2020 liegen, so darf nicht übersehen werden, dass sich der Rückgang vor allem im zweiten Halbjahr manifestierte, nämlich größenordnungsmäßig im Bereich von einem knappen Fünftel. Hätte man im Kreditbereich nicht zumindest ein wenig gegengesteuert, so wären die Aussichten für den Immobilienmarkt für 2023 und darüber hinaus wohl noch schlechter.
Im Fünfjahresvergleich bedeutet das 2022er-Ergebnis einen Zuwachs von +20,9 %, im Zehnjahresvergleich um +57,5 %. Der Fünfjahresvergleich liegt damit um -13,5 Prozentpunkte niedriger als zuletzt, der Zehnjahresvergleich um -22,3.

Wertzuwachs wie 2020
Der Immobilienverbücherungswert ist zuletzt 2013 geschrumpft, seither immer gestiegen, durchschnittlich um 2,65 Mrd. Euro pro Jahr. Den geringsten Zuwachs verzeichneten die RE/MAX Experten von 2019 auf 2020, nämlich um 801 Mio. Euro, den höchsten im Jahr darauf mit 8,03 Mrd. Euro, also um den Faktor zehn größer.
Für 2022 ergaben die RE/MAX-Berechnungen eine Transaktionswertsteigerung von +830 Mio. Euro oder +1,9 % auf 44,01 Mrd. Euro. Damit liegen die letzten drei Jahre zusammengenommen wieder im langjährigen Schnitt.

„Der Immobilienmarkt 2022 war zweigeteilt. Das sehr knappe Angebot und die sehr hohe Nachfrage nach Immobilien führte im ersten Halbjahr zu steigenden Preisen und zu einem leichten Rückgang bei den Verbücherungszahlen.“ erklärt Bernhard Reikersdorfer, MBA, Managing Director von RE/MAX Austria. „Das zweite Halbjahr war hingegen gekennzeichnet vom steigenden Zinsniveau, den strengeren Kreditvergaberichtlinien, der hohen Inflation und der allgemeinen Verunsicherung. Dies führte zu einer spürbar niedrigeren Nachfrage, einem deutlich höheren Angebot und zu einem Abflachen der Preiskurve. Die Anzahl der Immobilienverkäufe ging im Jahresvergleich deutlich zurück. Aufgrund der derzeit vorherrschenden Rahmenbedingungen ist auch im Jahr 2023 mit einem weiteren Rückgang bei den Immobilienverkäufen zu rechnen“, führt Reikersdorfer weiter aus.

Grundbuch als Datenbasis
Datenquelle ist wieder die lückenlose Erfassung aller Kaufverträge im öffentlich zugänglichen amtlichen Grundbuch. Diese Zahlen sind daher die verlässlichsten am Markt. IMMOunited – die Experten für Immobiliendaten – haben sie ausgelesen und als Kaufvertrags-Sammlung publiziert. RE/MAX Austria Research analysiert sie für ganz Österreich und veröffentlicht sie exklusiv im RE/MAX-ImmoSpiegel.
„Wir erheben Transaktionsdaten aus dem österreichischen Grundbuch und ergänzen diese
z. B. um historisch erfasste Nutzwertgutachten, Flächenwidmungs- und Gebäudeinformationen aus dem Grundstücksverzeichnis sowie Daten aus Immobilieninseraten. So entstehen vollständige Transaktionsdatensätze, die für einen transparenten Immobilienmarkt sorgen und für unsere Partnerunternehmen eine wertvolle Entscheidungsgrundlage darstellen“, sagt Mag. Roland Schmid, Eigentümer und Geschäftsführer der IMMOunited GmbH.


AUSGEWÄHLTE IMMOBILIENTYPEN IM VERGLEICH: VON ALPE BIS ZINSHAUSANTEIL

Nahezu alle Immobilientypen im Abschwung
„Überraschend, wie synchron die einzelnen Wohnimmobilientypen den Rückgang 2022 mitgemacht haben“, stellt Mag. Anton Nenning, Head of Research bei RE/MAX Austria fest. „Einzig Zinshäuser als gewerbliche Geschäfts- und Anlageform und Gebäude am See als reinste Type der Luxusimmobilie haben gegen den Trend gehalten, der offensichtlich von Unsicherheit bezüglich politischer und wirtschaftlicher Entwicklung, aber auch von Unsicherheit bezüglich Finanzierungsmöglichkeit geprägt war.“

Hier ein Auszug der wichtigsten Immobilienkategorien der IMMOunited Kaufpreissammlung (in alphabetischer Reihung):

BÜROS (Büroflächen) sind 2022 insgesamt 561 verkauft worden, 2021 waren es 525. Der Marktwert lag bei 239,1 Mio. Euro (2021: 222,4 Mio. Euro).

BÜROGEBÄUDE fielen abermals zurück: nur 117 Einheiten wurden 2022 verkauft (2021: 124). Der Handelspreis sank auf 544,7 Mio. Euro, um -20,6 % weniger als zuletzt.

DACHGESCHOSSWOHNUNGEN fehlen 2022 exakt -580 Stück in der Statistik und -111,1 Mio. Euro an Wert zu 2021. 2022 sind es nur 2.843 Einheiten um 1,50 Mrd. Euro.

DOPPELHAUSHÄLFTEN gingen in der Menge zurück: Mit 1.817 um -189 weniger als 2021. Das schlägt sich auch im Transaktionswert nieder: 818,4 Mio. Euro, um -41,8 Mio. Euro weniger als zuletzt.

EINFAMILIENHÄUSER rutschen erstmals nach 2013 wieder unter die 10.000-Stück-Marke: 9.838 sind um -884 weniger als 2021. Beim Handelswert schlägt sich das weniger nieder, dennoch fehlen -20,2 Mio. Euro, was aber bei insgesamt 4,09 Mrd. kaum (-0,5 %) spürbar ist.

GEBÄUDE AM SEE, die auch als solche ausgewiesen waren, erleben zumindest statistisch einen Aufschwung: Plus 100 dieser begehrten Objekte (oft auch nur Badehütten, aber auf wertvollem Grund) mehr als 2021 werden verbüchert, in Summe 289. Das spürt auch der Handelswert. Er springt von 117,2 auf 298,5 Mio. Euro. Ein Plus von 181,4 Mio. Euro.

Sonstige GEBÄUDE, insbesondere gemischt genutzte Stadthäuser mit Wohnungen, Ladenlokalen und Büros, die in keine andere Kategorie fallen, reißen ein Loch in die 2022er Statistik. In den Jahren 2019 bis 2021 wurden jährlich rund 12.500 Einheiten gehandelt, 2022 jedoch nur 10.559. Damit fehlen neben -1.885 Objekten auch -91,1 Mio. Euro an Umsatz, trotz 7,11 Mrd. Euro Gesamtwert.

GESCHÄFTSLOKALE gingen ebenso zurück: -98 Einheiten weniger und -45,0 Mio. Euro bei einer Gesamtaktivität von 1.230 Objekten um insgesamt 408,2 Mio. Euro.

GRUNDSTÜCKE brachen im Handel massiv ein: 26.913 sind um -5.290 weniger als 2021. Im selben Ausmaß sind jedoch auch die Preise gestiegen: 5,33 Mrd. Euro sind um +148,2 Mio. Euro mehr als zuletzt.

Bei den HAUSANTEILEN ein vertrautes Bild: Um -19,7 % weniger an Menge und um -7,7 % weniger beim Handelswert. 2022 waren es schlussendlich 2.247 Einheiten mit 618,3 Mio. Euro, um -51,3 Mio. Euro weniger als zuletzt.

KELLERABTEILE sind wertmäßig unspannend, könnten aber mengenrelevant werden. 2022 noch nicht wirklich mit 263 (+61,3 %) Stück um 3,7 Mio. Euro.

KLEINGÄRTEN: Der Hype von 2020 ist vorbei. Von 235 (2019) auf 1.565 (2020) über 630 (2021) auf 396 (2022). Der Handelswert sinkt um -35,7 Mio. Euro auf 91,3 Mio. Euro.

LANDWIRTSCHAFTEN reduzieren auch 2022 wieder ihre Verkaufszahlen: Diesmal um -10,2 % auf 868. Auch der Wert gibt nach, um -59,6 Mio. Euro auf 407,5 Mio. Euro.

MEHRFAMILIENHÄUSER: Jeder fünfte Verkauf von 2021 fehlt 2022: Statt 1.084 sind nur mehr 855 Objekte verbüchert und statt 1,57 Mrd. Euro nur mehr 1,38 Mio. Euro dafür bezahlt worden. 

PKW-ABSTELLPLÄTZE sind wie die Wohnungen im Sinkflug: Die -1.678 weniger als 2021 schlagen nur in der Mengenstatistik (gesamt 25.448) durch. Beim Wert mit 463,4 Mio. Euro praktisch keine Veränderung (-0,2 %).

REIHENHAUS-Einheiten legen 2022 wertmäßig weiter zu: Zwar fehlen mit 3.020 Stück auf die 2021-er Menge -2,6 %, aber der Wert stieg um +66,1 Mio. Euro auf 1,25 Mrd. Euro.

WALDSTÜCKE: Auch sie wurden 2022 seltener gehandelt (-9,3 %). Die 3.758 Waldflächen haben einen Wert von 218,5 Mio. Euro, um +83,1 Mio. Euro mehr als zuletzt.

WOHNUNGEN sind die größte Immobilienkategorie, anzahl- wie wertmäßig: 50.472 Verkäufe sind -5.647 weniger als 2021. Auch der Wert sank 2022 um -109,2 Mio. Euro auf 14,81 Mrd. Euro.

ZINSHÄUSER sind auf der Erfolgsspur: Die Menge hat sich beinahe verdoppelt, von 393 auf 706 Stück. Der Wert ist um +895 Mio. Euro angewachsen, von 1,48 auf 2,37 Mrd. Euro.

 ZINSHAUSANTEILE wurden 2022 insgesamt 234 Einheiten verkauft (+17). Der Handelswert lag bei 408,4 Mio. Euro (+19,2 %).

BUNDESLÄNDER IM ÜBERBLICK UND DIREKTEN VERGLEICH

Verbücherungszahlen überall im Minus

Alle Bundesländer liegen 2022 dem RE/MAX ImmoSpiegel zufolge unter den Verbücherungszahlen von 2021. Die Bandbreite reicht von -4,1 % bis -14,4 %. Einstellige Rückgänge verzeichnen die Bundesländer Salzburg (-4,1 %), das Burgenland (-7,1 %), Niederösterreich (-7,5 %) und Tirol (-9,4 %). Massiver, nämlich im zweistelligen Prozentbereich, hat es Wien getroffen (-11,1 %), ebenso Oberösterreich (-11,5 %), Kärnten (-11,8 %) und vor allem die Steiermark (-13,7 %) und am heftigsten Vorarlberg mit -14,4 %.

Somit sind es 2022 in Niederösterreich 30.245 Immobilien oder 20,6 % der Bundessumme, 24.678 (16,8 %) in Wien, 22.003 (15,0 %) in der Steiermark und 20.666 (14,1 %) in Oberösterreich. Mit großem Abstand folgt auf Rang fünf Tirol mit 12.763 Objekten (8,7 %). Kärnten mit 10.831 Stück (7,4 %) und Salzburg mit 10.664 (7,3 %) trennen nur mehr ganze 167 Einheiten und Vorarlberg mit 7.455 Kaufakten (5,1 %) und das Burgenland mit 7.221 (4,9 %) nur mehr 234.

Damit ist ein spannender Wettstreit um die Plätze sechs und sieben, sowie um Rang acht oder neun für 2023 vorprogrammiert.

Fünf Bundesländer mit Wertzuwachs sorgen für positive Bundesstimmung

Kärnten sorgt für die höchste Dynamik bei den Immobilien-Transaktionswerten 2022 mit +8,1 %. Oberösterreich folgt mit +6,9 % und das Burgenland mit +6,6 %. Auch Wien mit +4,9 % und Salzburg mit +1,7 % legen zu. In Niederösterreich fehlen jedoch -0,3 % auf den 2021er Rekord, auch in der Steiermark, dort sind es -1,1 % und in Vorarlberg, dort -1,2 %: Am schwersten getroffen hat es Tirol. Da ist der Handelswert der neu verbücherten Immobilien um -6,8 % eingebrochen.

Mehr als 30 % der Kaufsumme in Wien

13,30 Mrd. Euro schwer ist der Wiener Immobilienmarkt 2022. Das sind 622 Mio. Euro mehr als im Sensationsjahr 2021 und aufgrund des überdurchschnittlichen Zuwachses auch mehr am Bundeskuchen. Das Wiener Stück umfasst 30,2 %.

Niederösterreich kommt aufgrund der niedrigeren Preise trotz größerer Stückzahl nur auf 6,77 Mrd. Euro und 14,1 % Bundesanteil. Oberösterreich liegt mit 5,36 Mrd. Euro (12,2 %) vor der Steiermark mit 4,61 Mrd. Euro (10,5 %), die das schwächere Ergebnis Tirols von 4,60 Mrd. Euro (10,5 %) zur Rangverbesserung ausgenützt hat.

Salzburg liegt auf Rang sechs und ist in beide Richtungen gut abgesichert: 3,37 Mrd. Euro bedeuten 7,7 % Bundesanteil. Für Vorarlberg mit 2,63 Mrd. Euro (6,0 %) bahnt sich langsam neuer Umsatzdruck von Kärnten (2,46 Mrd. Euro und 5,6 %) an. Einzig das Burgenland ist sich seines Ranges sicher: 0,91 Mrd. Euro bedeuten 2,1 % vom Gesamtmarkt.

Mengenentwicklung in einem Jahrzehnt

Innerhalb eines Jahrzehnts hat sich der Immobilienhandel in Österreich nach Stück gerechnet um mehr als die Hälfte (+57,5 %) erweitert. Während Burgenland nur ein Viertel (+27,3 %) dazugewinnen konnte, waren es in Niederösterreich bereits +44,1 %, in Oberösterreich +49,2 %, in Vorarlberg +52,1 % und in Kärnten +56,1 %. Überdurchschnittlich performten die Märkte in Tirol (+64,3 %), der Steiermark (+66,9 %), aber auch in Wien (+75,5 %) und vor allem in Salzburg (+87,9 %).

 Tabellen und Details unter: https://remax.at/?fw=jldp