Edelsteine – Sicherheit und Wertzuwachs

Inflation, volatile Börse, überteuerte Immobilien. Also wohin mit dem Geld? Eine seit Jahrtausenden beliebte Form der Wertsicherung sind Farbedelsteine. Sie feiern in Zeiten wie diesen ein Comeback – sagt einer, der es wissen muss.  Text: Rosi Dorudi

Thomas Schröck ist international ausgebildeter Gemmologe. Er weiß, wie Edelsteine nach Art, Form, Größe und Reinheit, nach Schnitttechnik und Schliffqualität zu bewerten sind. „Letztlich bestimmt die Seltenheit den Wert, und die Nachfrage lässt diesen steigen“, erklärt er Grundsätzliches. Die größte Nachfrage nach Edelsteinen komme heute aus China und Indien, wo die Mittelschicht im vergangenen Jahrzehnt deutlich gewachsen sei. „Die Völker dort haben seit jeher einen immens starken Bezug zu Edelsteinen als Anlageprodukt“, stellt Schröck fest. Das sei früher in Österreich auch einmal so gewesen. „Denken Sie nur an die Familie Habsburg-Lothringen.“ Als Zeichen ihrer Liebe schenkte etwa Maria Theresia ihrem Gatten Franz Stephan einen Blumenstrauß aus Edelsteinen, für den sie 761 bunte Edelsteine und 2.102 Diamanten verarbeiten ließ. „Durch die Einführung von Aktien traten Realinvestments lange Zeit in den Hintergrund“, bemerkt der promovierte Ökonom. Dafür ziehe gerade in Krisenzeiten das Interesse an Alternativinvestments wie in Edelsteine wieder stark an. „Sie sind als Anlage besonders geeignet, da sie Sicherheit und moderaten Wertzuwachs bieten.“

Als Schröck mit dem Schmucksteinhandel begann, war er gerade mal 20 Jahre alt. „Damals wurden Rubine, Saphire und Co noch als Halbedelsteine bezeichnet“, erzählt er. Es war sein achtes Jahr als klassischer Juwelier, als zur Jahrtausendwende die Dotcom-Spekulationsblase platzte und die erste Finanzkrise des neuen Jahrtausends einläutete. „Zu der Zeit bekam ich die erste Anfrage nach einem Wertanlagestein“, erinnert er sich.

Handelte es sich dabei noch um ein geringes Investment, lockte die Finanzkrise von 2008 die Großinvestoren an. „Investitionen stiegen auf eine Größenordnung von rund einer Million Euro“, bemerkt Schröck. Der Geschäftsmann witterte seine Chance und begann, sich auf den Handel mit Farbedelsteinen zu spezialisieren. Dabei fokussierte er auf unbehandelte, geschliffene Farbsteine, vor allem auf Rubine und Saphire. „Sie sind viel seltener und steigen daher schneller im Wert“, sagt er.

Erste Güte

Von den geförderten Rubinen und Saphiren sind jedoch nur etwa ein bis zwei Prozent Edelsteine erster Güte. Daher werden Funde minderer Qualität seit alters her erhitzt, um deren Reinheit zu optimieren und ihre Farbe zum Leuchten zu bringen. „Es war lange nicht möglich, hitzebehandelte Farbsteine von naturbelassenen zu unterscheiden“, erzählt Schröck. Das ist jetzt anders: Die Erkennung von Temperaturbehandlung gehört zum gemmologischen Laboralltag. „Diese zertifizierte Unterscheidung hat zu einer wesentlichen Veränderung in der Branche geführt. Seit 2010 differenzieren die beiden großen Auktionshäuser Sotheby’s und Christie’s zwischen naturfarbenen und behandelten Edelsteinen, was sich dementsprechend im Preis niederschlägt“, so Schröck. Das Dorotheum zog zwei Jahre später nach.

„Edelsteine sind ein Nischenprodukt für zehn Prozent des liquiden Vermögens.“
– Thomas Schröck –
Gründer The Natural Gem

Alternative Geldanlage

„Das hat meinem Geschäft einen wesentlichen Auftrieb beschert. Mit meinem Geschäftspartner Patrick-Noël Herold-Gregor habe ich 2018 die Firma The Natural Gem so aufgestellt, wie sie jetzt dasteht: als Investment-Unternehmen für eine alternative Geldanlage mit Farbedelsteinen.“ Die Kernkompetenz liege in der Verfügbarmachung hochwertiger Edelsteine mit Fokus auf die „Big Three“ – Rubin, Saphir und Smaragd. Natürlich sind Investments in diese nicht vergleichbar mit der Veranlagung in Aktien, Anleihen oder Immobilien, da sie keine laufenden Erträge generieren. Dennoch stehen sie gerade in Zeiten wie diesen hoch im Kurs. „Der Immobilienmarkt wirft kaum mehr Zinsen ab, die Aktienmärkte sind volatil. Die Pandemie hat zu unglaublichen Unsicherheiten geführt, hinzu kommt der Ukraine-Krieg“, begründet Schröck. Die drastisch steigenden Rohstoffkosten haben die Inflation in die Höhe getrieben. „Das alles bremst die Expansion der Weltwirtschaft“, stellt Schröck fest. Konjunkturexperten erwarten daher für 2023 eine Stagnation in Österreich. „Eine bessere Werbung für uns gibt es nicht“, gewinnt Schröck dem düsteren Szenario individuell positive Seiten ab. Eine Wertanlage in Steine lohne sich allerdings erst ab 10.000 Euro. „Das sind, je nachdem, zwei bis drei Steine“, sagt Schröck. Darunter habe eine Investition wenig Sinn. „Wir sind kein Anlaufpunkt für Menschen, die ansonsten keinerlei Investments besitzen. Edelsteine sind ein Nischenprodukt für zehn Prozent des liquiden Vermögens.“ Beim Kauf sei darauf zu achten, dass der Stein von einem unabhängigen gemmologischen Labor zertifiziert wurde. Wichtig sei, das Zertifikat stets getrennt vom Edelstein aufzubewahren. „Eine hochwertige Ware ohne Zertifikat, Rechnung oder Erbschein ist nicht mehr verkaufbar und zwingt uns auch dazu, die Polizei zu verständigen.“

Prädikat wertvoll

Zu den wichtigsten Abbaugebieten gehören Mosambik, Kolumbien, Sri Lanka und Burma – das heutige Myanmar. „Von dort kommen nahezu alle wichtigen Rubine der letzten 1.500 Jahre“, schwärmt der Gemmologe. „Mittlerweile sind sie sehr rar geworden. Für das Prädikat Burma gibt es deshalb auch einen gewaltigen Aufpreis. Ein Rubin aus Mosambik mit acht Karat hoher Qualität kostet rund eine Million Euro. Im Vergleich dazu kostet ein achtkarätiger Burma-Rubin – wenn man ihn überhaupt zum Verkauf erhält – um die zehn bis zwölf Millionen Euro.“ Die Rarität der Steine werde aufgrund der ESG-Faktoren zunehmen. „Die Zeiten, in denen Bagger ganze Berge abgetragen haben, sind vorbei“, bemerkt Schröck. „Heute darf nur mehr kleinräumig abgebaut werden. Auch der Einsatz von Sprengstoff ist in vielen Gebieten streng verboten.“ Vielerorts sind zudem die Betreiber verpflichtet, für das soziale Wohlergehen der Mitarbeiter und deren Familien aufzukommen.

Steinerne Fonds

Mit The Natural Gemstone Funds One legte Schröck 2018 in Liechtenstein den weltweit ersten Edelstein-Fonds auf. „Inzwischen haben wir diesen aber wieder zurückgezogen, da wir ihn falsch konzipiert hatten“, erläutert er. „Er war als geschlossener Fonds nicht handelnd.“ Die Mindestanlage lag bei 125.000 Schweizer Franken, ein zu hoher Betrag für private Anleger und ein zu niedriger für Banken. „Wir sind aber gerade dabei, mit einem Schweizer Partner einen neuen Fonds aufzulegen.“ Dieser soll im November 2022 wieder in Liechtenstein auf den Markt kommen. „Dieses Mal handelt es sich um einen handelnden Fonds, der nicht limitiert ist, keine Haltefristen mehr hat und laufend Rendite abwerfen wird.“  Der Geschäftsmann hat aber noch mehr in petto: Er plant, in Kürze einen Asset-Backed Token auf den Markt zu bringen. Man müsse schließlich am Puls der Zeit bleiben. Und Sicherheit bieten.   ←