Immofonds – Der Drang zur Miete

Hohe Inflation, Zinsanstiege und geänderte Kreditvergabebedingungen stellen derzeit Herausforderungen am Immobilienmarkt dar, die Preise in die Knie zwingen. Auf den ersten Blick sieht die Lage daher eher mau aus. Doch es lohnt ein zweiter Blick. 

Text: Christa Grünberg

Zu Jahresbeginn häuften sich Warnungen, eine scharfe Trendwende am Immobilienmarkt stünde bevor. „Von einem schwierigen Refinanzierungsprozess für ein Bürogebäude in der Londoner City bis hin zum angespannten Verkauf des Commerzbank-Hochhauses in Deutschlands Finanzmetropole – Investoren suchen händeringend nach Möglichkeiten, um Finanzierungslücken zu schließen, während die Kreditmärkte aufgrund der rapide steigenden Zinssätze ins Stocken geraten“, hieß es da in einer Bloomberg-Analyse. Citywire Deutschland kam damals aufgrund der Auswertung von Fundflows offener Immobilienfonds mit Europafokus zu folgendem Ergebnis: „Tendenziell lässt sich sagen, dass die monatlichen Zuflüsse relativ zum Fondsvermögen seit dem Beginn der Pandemie im Jahr 2020 kontinuierlich sinken.“ Für die Zukunft des Immobilienmarktes sehen die aktuell befragten Experten allerdings nicht so schwarz, jedenfalls dann nicht, wenn es sich um ausgesuchte Marktbereiche handelt.

Mietimmobilien bevorzugt

So fokussiert sich der LLB Semper Real Estate der LLB Immo KAG, Tochter der Liechtensteinischen Landesbank (Österreich) AG, auf die stabilen Immobilienmärkte Österreich und Deutschland. Schwerpunkte sind dabei renditestarke Immobiliensegmente wie Einzelhandel, Büro und Logistik in guten Lagen mit lange laufenden Mietverträgen sowie renommierten Mietern. Wohn- und Hotelimmobilien ergänzen das Portfolio und erhöhen die Risikostreuung. Die Situation sieht man hier zweischneidig: „Einerseits steigen die Mieteinnahmen der Objekte aufgrund der in den Mietverträgen üblicherweise vereinbarten Indexanpassung. Andererseits wirken sich höhere anzuwendende Kapitalisierungszinssätze bei einer Neubewertung negativ aus und können – trotz gestiegener Mieteinnahmen – zu einer zumindest vorübergehenden Wertminderung von Bestandsimmobilien führen“, meint dazu Robert Löw, CEO der Liechtensteinischen Landesbank (Österreich) AG, und erwartet keinen großflächigen Rückgang von Immobilienpreisen in den nächsten Monaten, sondern nur eine nominelle Seitwärtsbewegung in den meisten Immobilien-Assetklassen. Auf die zunehmende Verunsicherung zahlreicher Marktteilnehmer hinsichtlich der Nachhaltigkeit des Bewertungsniveaus von Immobilien reagierte man im ersten Quartal 2023 mit einer Neuevaluierung des Portfolios.

„Mieteinnahmen steigen wegen der vereinbarten Indexanpassungen.“
– Robert Löw –
CEO Liechtensteinische Landesbank AG

Steigender Ertrag

Auch bei der ERSTE Immobilien KAG blickt man eher gelassen in die Zukunft, ist doch der ERSTE Immobilienfonds schwerpunktmäßig im Mietwohnbereich investiert, der eine verstärkte Nachfrage aufgrund der verschärften Richtlinien für Kreditvergaben an Private verzeichnet. „Die Entwicklung des Wohnungsmarktes hängt von der demografischen Entwicklung ab. Gut ausgestattete Wohnungen in Städten und Ballungszentren mit entsprechender Verkehrsanbindung sind nach wie vor gefragt. Der Bedarf an modernen und flexiblen Büroflächen hält ebenso an. Im ERSTE Immobilienfonds liegen die Gewerbeflächen vorrangig in den Erdgeschosszonen der Immobilien. Diese Flächen sind zum Großteil an bonitätsstarke Mieter wie Supermarktketten vermietet“, erklärt Peter Karl, Geschäftsführer der ERSTE Immobilien KAG. Für den Immobilienfonds spreche laut Karl ferner, dass er zur Gänze mit Eigenkapital finanziert sei und dass die positiven Zinsen zu einem steigenden Ertrag bei der Liquidität bzw. die Anpassung der Mieten an die Inflation zu höheren Mieteinnahmen im Fonds führten.

Johannes Rogy, Nordea AM: „Verfügbare Preisnachlässe und die Fülle an privatem Kapital verleihen börsennotierten Immobilien Rückenwind.“

Immobilienaktien ja, aber welche?

Beim Nordea 1 – Global Real Estate Fund, einem Immobilienaktienfonds von Nordea Investment Funds, bleibt die Aktienauswahl im aktuellen Marktumfeld laut Johannes Rogy, Head of Sales Central & Eastern Europe, entscheidend, da aktive Manager von der Diskrepanz zwischen Immobilienfundamentaldaten und Aktienkursen profitieren könnten.

Zu empfehlen seien Unternehmen, die über ein überdurchschnittliches mehrjähriges strukturelles Wachstum sowie solide Bilanzen verfügen, zu angemessenen Preisen gehandelt werden und in bestimmten Branchen angesiedelt sind: „Grundsätzlich sollten langfristige Wachstumstreiber weiterhin Gewerbeimmobilien in den Sektoren Logistik und Kommunikationsinfrastruktur, d. h. Rechenzentren und Mobilfunkmasten, zugutekommen, während der Zuwachs in den Sektoren Selfstorage und Wohnimmobilien geringer ausfallen sollte.“ Generell haben börsennotierte Immobilien, so Rogy, die Fähigkeit bewiesen, eine Outperformance zu erzielen, wenn die Zentralbanken einen vernünftigen Weg der Zinserhöhung verfolgen, sowohl im Bezug auf das Ausmaß als auch auf die Häufigkeit. „Darüber hinaus bieten die Fülle an privatem Kapital an der Seitenlinie und die verfügbaren Preisnachlässe bei börsennotierten Immobilien, die wir als attraktiver als private Immobilien ansehen, Rückenwind.“