assets Magazin: Florian Petrikovics

„Disruption“ in der Immobilienfinanzierung

In der Praxis werden für die „Tokeni­sierung von Immobilien“ momentan tokenisierte Genussrechte eingesetzt. Damit können die Vorteile des Genussrechtes (unternehmensrechtlich je nach Ausgestaltung als Eigen-, Hybrid- oder Fremdkapital darstellbar; steuerlich je nach Ausgestaltung u. a. als Eigenkapital mit KESt-Abzug bei Auszahlung oder Fremdkapital mit Zinsabzug beim Emittenten und Besteuerung mit KESt beim Investor darstellbar) mit den Vorteilen der Blockchain (Übertragbarkeit; jederzeitige Kenntnis der Investoren durch Auswertung der Blockchain des Tokens; vereinfachte und daher günstigere Verwaltung der Zahlungen aus dem Genussrecht; daher geringeres Mindestinvestment möglich) kombiniert werden. Es ist somit möglich, ein für die je­weilige Immobilie und den gewünschten Investorenkreis maßgeschneidertes Produkt zu schaffen, das mit überschaubarem Aufwand gehandelt werden kann und dessen Verwaltung für das Unternehmen einfach zu bewerkstelligen ist.

Anhand eines Praxisbeispiels stellt sich ein exemplarischer Anwendungsfall wie folgt dar:

Ein Unternehmen will großflächig Solaranlagen bauen und betreiben und benötigt für das erste entsprechende Großprojekt eine eigenkapitalähnliche Anlauffinanzierung von 1,5 Millionen Euro. Das Unternehmen begibt ein tokenisiertes Genussrecht, wobei die Genussrechtsbedingungen derart ausgestaltet sind, dass die Investoren zu 70 Prozent am laufenden Ergebnis und an einem allfälligen Veräußerungserlös dieses Solarkraftwerkes beteiligt sind. Das Unternehmen kann die Auszahlungen aus dem Genussrecht ohne Einschaltung eines Intermediärs direkt über die Verwendung eines „Smart Contracts“ an die Tokeninhaber auszahlen. Die Tokeninhaber können die in Form von Token verbrieften Genussrechte, falls gewünscht, jederzeit unkompliziert übertragen und verkaufen.

Neben den momentan schon existierenden tokenisierenden Genussrechten wird auch schon an der Tokenisierung von (Immo­bilien-)GmbH-Anteilen gearbeitet. Mit ­einem solchen Token kann das wirtschaftliche Eigentum an GmbH-Anteilen formfrei gehandelt werden und die GmbH ­nähert sich diesbezüglich der AG stark an. Aufgrund der existierenden Formvorschriften sind diese Transaktionen jedoch nicht im Firmenbuch ersichtlich. Die notwendige Transparenz ist jedoch wieder über die Blockchain sichergestellt, da jede Transaktion öffentlich einsehbar ist und die GmbH selbst zu jedem Zeitpunkt weiß, wer momentan der wirtschaftliche Eigentümer der Anteile ist.

Die durch die Tokenisierung ermöglichten neuen Finanzierungsmodelle wie Genussrechte mit geringerer Stückelung und großer Streuung und die einfache Handelbarkeit des wirtschaftlichen Eigentums an GmbH-Anteilen hat das Potenzial, eine Vielzahl neuer Geschäfts- und Beteiligungsmodelle zu ermöglichen.