Fonds – Gutes Händchen gefragt

Eine defensive Anlagestrategie bei Aktien und Anleihen, das ist die nahezu einhellige Empfehlung von Experten der Fondsbranche. Denn viele erwarten eine Rezession, die politischen Risiken bleiben hoch. Die Devise heißt also: längerfristig orientieren, kurzfristig vorsichtig agieren.

Text: Christa Grünberg

In der Eurozone gab es zuletzt ein leichtes Wachstum, die Inflationsrate ist etwas gesunken. Und doch: Optimismus an der Börse geht
anders. Denn die Risikofaktoren bleiben und sie sind vielfältig: die gestiegenen Leitzinsen mit ihren erst verspätet einsetzenden Folgen für die Unternehmen und die Wirtschaft, die politischen Risiken wie der wieder angefachte Streit um die US-Schuldenobergrenze, der Ukraine-Krieg oder der Konflikt zwischen den USA und China sowie die Turbulenzen in der Bankenbranche. Viele Fondsexperten sehen längerfristig nicht so schwarz, auf kurze Sicht hat sich jedoch Skepsis breitgemacht.

„Chinas Wiedereröffnung ist ein wichtiger Impuls für Aktien in Asien.“
– Thomas Loszach –
Fidelity International

Stock-Picking 

Bei Fidelity International ist man der Ansicht, dass sich Anleger weiterhin in unruhigem Fahrwasser bewegen. „Erste Folgen der Zinserhöhungen des Vorjahres zeigen sich im Bankensektor, wodurch sich die finanziellen Konditionen für Unternehmen verengen. Es wird viel davon abhängen, wie konsequent die Zentralbanken ihre restriktive Geldpolitik in den kommenden Monaten gestalten“, ist Thomas Loszach, Head of Austria & CEE, überzeugt. Die Marktvolatilität bleibe hoch, daher sei Vorsicht bei globalen Aktien angebracht. Noch dazu, wo mit einem Wendepunkt bei den Erträgen zu rechnen sei. Auch hinsichtlich Anleihen ist die Fondsgesellschaft defensiv eingestellt, vor allem bei Hochzinsanleihen. Insgesamt sollte der Fokus auf der Titelauswahl liegen, wobei regional die Schwellenländer gegenüber Industrieländern bevorzugt werden, was für den FF Sustainable Emerging Markets Fund und den FF Sustainable Asia Equity Fund spricht. „Chinas Wiedereröffnung ist ein wichtiger Impuls für Aktien in Asien“, glaubt Loszach, der weiters den FF Sustainable Equity Income Fund offeriert, einen Fonds, der auf der Suche nach renditestarken Unternehmen neben Umwelt-, Sozial- und Governance- Faktoren (ESG-Faktoren) fundamentale Unternehmenskriterien berücksichtigt.

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten kann es hilfreich sein, auf konjunkturunabhängigere Strategien zurückzugreifen, so
Jupiter Asset Management (AM). „Unsere European-Equities-Experten konzentrieren sich in ihrem Small-Cap-Ansatz auf die mittel- und langfristigen Fundamentaldaten von Unternehmen und ihre Geschäftsmodelle. Wie unser European-Equities-Investmentmanager Phil Macartney neulich festgehalten hat, bereitet derzeit vor allem die Inflation Sorgen. Deshalb ist seiner Ansicht nach das Verständnis der Preissetzungsmacht im aktuellen Umfeld sehr wichtig. Die Qualität des Unternehmens bleibt entscheidend, Wettbewerbsvorteile rücken in den Vordergrund“, meint Daniel Blum, Wholesale-Chef Deutschland und Vertriebsdirektor Österreich. Weil das britische Investmenthaus außerdem im Fixed-Income-Bereich attraktive Anlagemöglichkeiten entlang der Zinskurve sieht, sind die Anlagephilosophien in den Fonds Jupiter Strategic Absolute Return Bond, Jupiter Dynamic Bond und der Dividendenaktien-Ansatz im Jupiter Asian Equity Income (Ex-Japan) empfehlenswert.

Daniel Blum, Jupiter: „Die Qualität von Unternehmen bleibt entscheidend, Wettbewerbsvorteile rücken in den Vordergrund.“
Daniel Feix, C-Quadrat: „Solvenz hat Vorrang vor Währungs- und Preisstabilität: Qualitätsunternehmen sollten gegenüber Zyklikern und Value-Aktien profitieren.“

Qualität vor Zyklus

Impact AM, Teil der C-Quadrat Investment Group, geht davon aus, dass die Solvenz der Unternehmen, speziell der Banken, wieder Vorrang vor der Währungs- und Preisstabilität hat. „In diesem Umfeld sollten Qualitätsunternehmen gegenüber Zyklikern und Value-Aktien profitieren“, führt Geschäftsführer Daniel Feix aus und sieht Möglichkeiten im Bereich der hochkapitalisierten Marktführer sowohl für dynamische Anleger – aus den Branchen Technologie oder Kommunikation – als auch für defensive Anleger – aus den Sektoren Gesundheit, Konsum und Teilen der Industrie. Weil Feix zudem Anleihen dieser solventen Unternehmen für wieder interessant hält, schlägt er den mehrfach ausgezeichneten I-AM GreenStars Opportunities vor, einen flexiblen Mischfonds mit Fokus auf die beschriebenen Unternehmen und mit überdurchschnittlich hohen Nachhaltigkeitsmerkmalen.

Daniel Morris, BNP: „Das Risiko von Investment-Grade-Anleihen aus den Industrieländern ist derzeit geringer als zu Zeiten historisch geringer Renditen.“
Johann Buttinger, LBBW: „Wachstumsmildernde Effekte schlagen sich erst zu einem späteren Zeitpunkt in den harten Daten nieder.“

IG-Anleihen und Megatrends

Für Johann Buttinger, Leiter Vertrieb Institutionelle Kunden Österreich der LBBW AM, ist das Zinshoch bereits überschritten, er bleibt aber skeptisch: „Da die höheren Refinanzierungskosten immer mit einer Zeitverzögerung im realwirtschaftlichen System ankommen, gehen wir davon aus, dass sich die wachstumsmildernden Effekte erst zu einem späteren Zeitpunkt in den harten Daten widerspiegeln werden, beispielsweise im zweiten Halbjahr. Auf Anleihen mit guter Kreditqualität sind wir daher positiv.“ Anlegern, die überschaubare Schwankungen suchen, rät Buttinger allerdings zu Mischfonds: „Der Sicherheitspuffer aus den laufenden Erträgen der Rentenpapiere ermöglicht die gezielte Risikonahme bei chancenorientierten Investments. Aus unserer Produktpalette bietet sich der LBBW Multi Global an, der globale Chancen in verschiedenen Assetklassen nutzt und gleichzeitig den Blick auf das Risiko nicht verliert.“ Die Partizipation an Megatrends, wie der Kampf gegen die Folgen der Erderwärmung, eigne sich für längerfristig engagierte Investoren. Der LBBW Global Warming investiert dabei in Unternehmen, die dem entgegenwirken, und in solche, deren Produkte die Folgen abmildern.

BNP Paribas erwartet eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in Europa und eine Rezession in den USA. „Derzeit nehmen wir eine neutrale Haltung gegenüber Aktien ein, wobei wir in dieser Assetklasse in Europa ex-UK und in den USA untergewichtet sind, dafür aber in den Emerging Markets in Asien übergewichtet“, erläutert Chefstratege Daniel Morris. Bei Anleihen ist man ebenfalls generell neutral eingestellt, gibt aber Investment-Grade-Bonds der Eurozone den Vorzug gegenüber dortigen Staatsanleihen. „Wir glauben, das Risiko von Investment-Grade-Anleihen aus den Industrieländern ist derzeit weit weniger groß als in Zeiten, wo die Renditen nahe historischen Tiefs tendierten.“

„Wir erwarten ein Wachstumstal, aber keinen Einbruch.“
– Marc Harms –
Union Investment Austria
„Auf längere Sicht haben risikoreichere Anlagen größeres Potenzial.“
– Karl Banyai –
Franklin Templeton

Weiche Landung

Eine der wenigen Fondsgesellschaften, die eine weiche Landung der Wirtschaft in den USA und Europa erwarten, ist Union Investment Austria. Trotzdem nimmt das Haus eine vorsichtige Haltung ein: „Die Konjunktur dürfte sich weniger stark entschleunigen als noch vor einigen Wochen befürchtet, aber dementsprechend wird auch die Erholung weniger kräftig ausfallen. Wir erwarten also ein Wachstumstal, aber keinen Einbruch“, erklärt Marc Harms, Mitglied der Geschäftsführung. Unter der Voraussetzung, dass sich die Notenbanken dem Zinsgipfel nähern, werden Anleihen gegenüber Aktien bevorzugt, es sei denn, die Unternehmen sind in ganz bestimmten Sektoren tätig: „Wir erachten Infrastruktur-Aktien (UniNachhaltig Aktien Infrastruktur), Unternehmensanleihen aus dem Bereich Investment-Grade (UniEuroRenta Corporates, UniNachhaltig Unternehmensanleihen) und Rohstoffe (UniCommodities) als langfristig attraktiv. Daneben bleiben Megatrends wie Digitalisierung und der grüne Wandel der Wirtschaft (UniZukunft Klima, UniNachhaltig Aktien Wasser, UniZukunft Welt) intakt.“

Gemäß Franklin Templeton haben die Bewertungen von Aktien in den vergangenen Monaten wohl korrigiert, aber das Niveau des erwarteten Gewinns pro Aktie ist in vielen Märkten noch nicht an die neue wirtschaftliche Realität angepasst worden. „Aus unserer Sicht bleiben wir für Aktien daher noch vorsichtig gestimmt – zumindest in der kurzen Frist. Auf längere Sicht haben risikoreichere Anlagen wie globale Aktien und Unternehmensanleihen ein größeres Performance-Potenzial als globale Staatsanleihen“, findet Karl Banyai, Sales Director Austria. Für Anleger, die den Unternehmen im Kampf gegen die Klimakrise Kapital verschaffen wollen, regt er den Templeton Global Climate Change an, einen Fonds, der gleichermaßen in unterbewertete Firmen mit Lösungen zur Bewältigung des Klimawandels investiert und in solche, die ihr Geschäftsmodell widerstandsfähig machen. Zumal europäische Investment-Grade-Anleihen im Schnitt bei Renditen um die vier Prozent, im High-Yield-Bereich sogar um die sieben Prozent liegen, sei ansonsten der Franklin Responsible Income 2028 Fund zu empfehlen, dessen Orderphase noch bis Ende Juli 2023 läuft. „Bei Anlagen von mindestens 60 Prozent in Investment-Grade und maximal 40 Prozent in High-Yield kann man mit einer Rendite von etwa vier bis fünf Prozent rechnen, sofern das Marktniveau Ende Juli dem aktuellen entspricht.“

„Ich sehe sehr gute Möglichkeiten für erfahrene Fondsmanager.“
– Mike Judith –
DNB AM

Erfahrung zählt

Mike Judith, Managing Director und Head of International Sales bei DNB AM, verweist auf die im Haus bewährten Anlagestrategien der Fondsflaggschiffe DNB Technology und DNB Renewable Energy, die sehr gut in die Zeit passen. „Über die letzten drei Jahre, also inklusive des starken Aufwärtsmomentums während des Lockdowns und des Zinsanstiegs, der viele Investorinnen und Investoren zurück auf den Boden der Tatsachen brachte, haben wir die gewünschte Überrendite ausgewiesen. Insbesondere zahlte sich unser konservativer, auf relative Bewertungen fokussierter Ansatz in schwierigen Marktphasen 2022 aus.“ Für Judith bleibt jedenfalls aktive Portfoliostrukturierung das Motto der Stunde, aber nicht nur das. „Ich sehe keine Basis für ,All-in‘- oder Beta-Strategien, sondern sehr gute, selektive Möglichkeiten für erfahrene Fondsmanager“, lautet sein Resümee.