Neuberger Berman_CIO_Joseph Amato
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Der Halbleiterzyklus nimmt Fahrt auf! 

Der Hype um Künstliche Intelligenz hat der Halbleiterbranche im vergangenen Jahr neuen Schwung beschert. Vieles spricht dafür, dass die Branche auch im Jahr 2024 weiter dynamisch bleibt und am Beginn eines Zyklus steht. Von welchen Faktoren die Halbleiterindustrie auch neben KI-Anwendungen profitieren wird und warum Investoren bei der Suche nach Anlagemöglichkeit Taiwan im Blick behalten sollten, erläutert Joseph V. Amato, Präsident und CIO bei Neuberger Berman in seinem Marktkommentar.

Technologie war eines der wichtigsten Investmentthemen im Jahr 2023. Halbleiter- und Internetaktien lagen klar vorn. Getrieben vom Thema Künstliche Intelligenz (KI) waren die Rahmenbedingungen im letzten Jahr für diesen Sektor nahezu perfekt, zumal die Fundamentaldaten vieler Unternehmen nach überstandenem Tiefpunkt heute ein wesentlich besseres Bild zeigen. Doch kann die Branche diesen Weg auch im aktuellen Jahr weitergehen – und rechtfertigen die beginnenden Gewinnzuwächse auch die hohen Bewertungen? 

Durchaus, denn vieles spricht dafür, dass wir am Beginn eines Halbleiterzyklus stehen. Diese halten meist zwei bis drei Jahre an, sodass das Thema auch in den kommenden Jahren wichtig bleiben dürfte. Unsere Analysten sehen insbesondere bei den nächsten Entwicklungsschritten der KI großes Potenzial. So könnten auf das Training großer Modelle jetzt leistungsfähige Spezialanwendungen und KI-Systeme auf Endgeräten, also Edge AI Anwendungen, folgen.

Immenses Potenzial, auch abseits von KI
Der Wachstumstreiber KI dürfte jedoch nicht nur dem Halbleitermarkt ordentlich Schwung verleihen. Auch Cloud-Computing-Firmen, die aktuell massiv in Künstliche Intelligenz investieren, sollten in der Lage sein, ihre Umsätze in den nächsten Jahren deutlich zu steigern. Workload-Optimierung dürfte dabei das zentrale Thema bleiben. Eine wesentliche Rolle wird aber auch weiterhin die Regulierung spielen, vor allem von Plattformanbietern. Investoren sollten daher mögliche Untersuchungen der Wettbewerbsbehörden und Veränderungen der Richtlinien genau im Blick behalten. 

Und auch über KI hinaus gibt es Impulse, die die Halbleiterbranche beflügeln: Industrieautomatisierung, Elektrifizierung und Konnektivität bieten erhebliches Potenzial – auch wenn sich die unterschiedlichen Märkte nicht im gleichen Tempo entwickeln werden. Diejenigen Anbieter, die als ersten von der gerade überstandenen Korrektur betroffen waren – etwa Chips für PCs, Smartphones und Speicher – können 2024 ihre begonnene Erholung fortsetzen. Während es bei Chips für Kommunikationstechnik, Industrieanwendungen und Autos noch bis Mitte des Jahres dauern wird, bis das Momentum Fahrt aufnehmen wird. 

Taiwan könnte Führungsrolle ausbauen
Profitieren von diesen Entwicklungen dürften insbesondere Hongkong, Singapur, Südkorea und nicht zuletzt Taiwan. Auf letzteres entfallen mittlerweile mehr als 60 Prozent der weltweiten Halbleiterproduktion und mehr als 90 Prozent der anspruchsvollsten Chips, die in der Hochleistungsinformatik und der künstlichen Intelligenz verwendet werden. Ein Beispiel ist TSMC: Mit einer neuen Chipfabrik in Arizona hat das Unternehmen erst kürzlich einen bedeutenden Schritt getan; in Japan erweitert die Tochtergesellschaft JASM ihre Kapazitäten in der Präfektur Kumamoto; und in Europa arbeitet TSMC mit Infineon, NXPI und Bosch über ein Joint Venture in Dresden zusammen. 

Auch bei der Montage von KI-Servern ist Taiwan führend – ein Markt, für den von 2022 bis 2026 ein jährliches Wachstum von 30 Prozent erwartet wird. Für Investoren lohnt es sich in jedem Fall, die Halbleiterbranche bei Investitionsentscheidungen im Blick zu haben – in Südostasien, aber auch Global. Immerhin scheint die Industrie auf einen bedeutenden Aufschwung zuzusteuern, der nach Meinung der Analysten bis 2030 ein Volumen von 1 Billion Dollar erreichen soll.