Zinshaus – Die Jagd auf Zinshäuser

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3.270 Euro beträgt derzeit der durchschnittliche Quadratmeterpreis für ein Zinshaus in Wien laut Otto Immobilien.

Sind Zinshäuser bei Investoren weiterhin begehrt? Schließlich hat der Markt für die ­historischen Schmuckstücke zuletzt stagniert. Experten meinen, das Interesse am Hauskauf sei weiterhin groß – wenn die Rahmenbedingungen stimmen.
Text: Robert Prazak

Das Wiener Zinshaus – nicht nur für Geschichts- und Architekturinteressierte ein echtes Juwel. Auch bei Investoren ist diese Immobilie traditionell ausgesprochen begehrt. An die 14.000 solcher Objekte gibt es in der Hauptstadt. Zuletzt ist die Nachfrage allerdings wegen steigender Zinsen und allgemeiner Verunsicherung angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung ins Stocken geraten. Im Vorjahr wurden geschätzt 270 Häuser verkauft, 2022 waren es noch fast doppelt so viele. Auch die Preise sind unter Druck geraten, laut aktuellen Markt­analysen befinden sie sich inzwischen wieder auf jenem Niveau, auf dem sie schon vor der Pandemie gelegen sind. „Die allgemeine Nachfrage am Markt war in den vergangenen Monaten sehr verhalten, nimmt allerdings langsam und spürbar wieder Fahrt auf“, bestätigt Michael Schmidt, geschäftsführender Gesellschafter der 3SI Immogroup. Das bedeute zugleich, dass „attraktive Objekte zu angemessenen Preisen“ verfügbar seien. Auch Christian Winkler, Geschäftsführer von Winegg Immobilien, sucht nach wie vor Zinshäuser mit Potenzial. „Dabei ergeben sich immer wieder neue Chancen, weil sich Marktteilnehmer aus unterschiedlichen Gründen von Häusern trennen.“

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Michael Schmidt, 3SI Immogroup:„Wir haben unser Zinshaus-Portfolio in letzter Zeit mit zahlreichen schönen Objekten angereichert.“
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Christian Winkler, Winegg Immobilien:„Am Zinshausmarkt ergeben sich immer wieder neue Chancen. Wir können immer zukaufen.“

Finanzkraft zählt

Tatsächlich ist eine Marktbereinigung zu beobachten. Nur Unternehmen mit einer langfristigen Strategie, die selbst in schwierigen Zeiten Finanzierungen umsetzen können, zeigen sich von den kurzfristigen Verwerfungen unbeeindruckt – und für diese ergeben sich gerade jetzt Chancen. So habe sein Unternehmen das Portfolio mit „zahlreichen schönen Objekten“ angereichert, sagt Schmidt. Und Winkler verweist auf seinen Track-Record. „Wir können immer zukaufen.“

Mietrecht als Hemmschuh

Die Mietrechtsgesetz sorgt in der Immobilienbranche weiterhin für Aufregung – und wirkt sich auch auf Zinshäuser aus. Definiert man das Zinshaus als Ertragsobjekt, ist das MRG schon seit Längerem ein Hemmschuh, vor allem, wenn es bei der Revitalisierung um die Schaffung von neuem Wohnraum geht, meint Winkler. Der Grund: Es kann in den meisten Fällen nicht kostendeckend vermietet, sondern nur im Wohnungseigentum abverkauft werden. Michael Schmidt sieht das Gesetz mit gemischten Gefühlen: Für Bauträger und Entwickler, aber auch Investoren oder klassische Hausbesitzer sei es eher negativ behaftet, weil es die maximal möglichen Einnahmen und somit den Investitionsspielraum deckelt. Konkret gibt es dadurch bei einem voll vermieteten Zinshaus mit 40 oder 50 Jahre alten Mietverträgen meist überschaubare Einnahmen; eine umfangreiche Nachrüstung im Bestand wird damit oft verunmöglicht. Andererseits garantiert das MRG eine sichere laufende Rendite – und jeder Auszug ermöglicht zusätzlich Renditesteigerung.

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832 Millionen Euro betrug im Vorjahr zufolge Otto Immobilien das Transaktionsvolumen mit Zinshäusern in Wien – ein Minus von mehr als 50 Prozent im Vergleich zu 2022.

Auswahlkriterien

Stichwort Rendite: Diese war traditionell nicht das wichtigste Argument für ein Zinshaus – und daran ändert sich nichts. Nicht nur die Rendite, sondern vor allem die Wertsteigerung der Immobilie stünden im Fokus, bestätigt Christian Winkler: „Wichtig ist: Das Zinshaus bleibt ein sicheres Investment.“ Und aus Sicht des Projektentwicklers bieten genau diese Objekte großes Potenzial für nachhaltigen Lebensraum. Bleibt die Frage, worauf bei der Auswahl eines Zinshauses zu achten ist. Winegg-Chef Winkler weist darauf hin, dass zwar jeder Bezirk in Wien gute Mikrolagen biete, er selbst fokussiere sich aber auf die Bezirke 1 bis 9 – das sind die bevorzugten Lagen. 3SI-Geschäftsführer Schmidt achtet neben der Lage auf den baulichen Zustand des Objekts, das Preis-Leistungs-Verhältnis sowie vorhandene Baugenehmigungen, etwa für den Ausbau des Dachgeschosses.

Wien bleibt im Fokus
Und außerhalb Wiens? Die Hauptstadt bleibt im Fokus der Investoren, trotz des jüngsten Rückgangs bei den Transaktionen. Hier sind Quantität und Qualität des Angebots unerreichbar. Doch auch in Salzburg, Linz und Graz bieten sich etliche Möglichkeiten und teilweise sogar mit höheren Renditen als in Wien. Das Zinshaus insgesamt bleibt damit ein grundfester Bestandteil des österreichischen Immobilienmarktes – ein Juwel eben.