Wann ein Unternehmen verkaufsbereit ist
Wer sein Unternehmen verkaufen will, braucht viel Gespür. Nicht nur die richtige Zeit spielt eine Rolle, auch zahlreiche andere Faktoren sind zu berücksichtigen, erklärt Experte Fabian Zamzau. Sogar Emotionen spielen eine Rolle …
Text: Robert Prazak
Beinahe ein Viertel aller Unternehmen in Österreich, die mindestens einen unselbstständig Beschäftigten haben, steht im Zeitraum 2020 bis 2029 zum Verkauf an – das zeigt eine Studie, die von der KMU Forschung durchgeführt wurde. Anders gesagt: Firmenverkäufe stehen an der Tagesordnung und finden doch meistens unter dem Radar statt. Wovon hängt es ab, damit der Deal für alle Beteiligten zufriedenstellend und reibungslos über die Bühne geht?
Einer der etabliertesten Experten für das Thema im deutschsprachigen Raum ist Fabian Zamzau von der deutschen Otter Consult. Er beantwortet die wichtigsten Fragen rund um einen Firmenverkauf.
Wann ist der beste Zeitpunkt?
Den optimalen Zeitpunkt für die Trennung vom Unternehmen gibt es eigentlich gar nicht. „Es hängt davon ab, wie gut man vorbereitet ist“, sagt Zamzau. Insofern können unvorhergesehene Ereignisse wie Krankheiten des Firmenbesitzers oft zu überhasteten Verkäufen führen. Doch wie lange sollte die Vorbereitung dauern? „Idealerweise sollte man zwei bis fünf Jahre vor einer geplanten Übergabe damit beginnen.“ Gerade bei Familienunternehmen wird oft übersehen, wie aufwendig diese Phase ist. Nicht selten sind Firmeninhaber ja bis weit über das eigentliche Pensionsalter hinaus tätig und denken nicht an den Tag X. Steht der Firmenverkauf an, kommt das dann für alle überraschend. Doch schon die Zusammenstellung der notwendigen Unterlagen braucht ausreichend Zeit.
Wie bereitet man den Verkauf vor?
Wichtig ist es, das Unternehmen stets auf dem neuesten Stand zu halten, rät Zamzau. „Wir beginnen häufig mit der Digitalisierung und digitalisieren alle Handbücher und ähnliche Unterlagen.“ Die Idee dahinter: Wenn Inhaber das Unternehmen verlassen, droht ohne diese Maßnahmen zur leichten Verfügbarkeit entscheidender Informationen der Zusammenbruch. Offene Kommunikation, vor allem mit potenziellen Nachfolgern bzw. Übernehmern, ist ebenfalls wichtig. „Dazu gehören umfassende Informationen über Kunden, Produktionen, Patente und Märkte.“ Zamzau vergleicht diese Informationsbeschaffung mit einer Netflix-Serie, bei der sich die Nachfolger einmal alles in Ruhe ansehen können.
Was ist noch zu beachten?
Zamzau hält auch die Auswahl der begleitenden Berater für entscheidend. „Oft sind nur Immobilienprofis involviert.“ Es sei aber wichtig, Experten aus verschiedenen Bereichen ins Boot zu holen, unter anderem Rechtsanwälte für Haftungsfragen sowie Steuerberater. Auch Berater, die sich um die Due Diligence kümmern, Käufer suchen und sogar die Verhandlungen führen können, machen sich bezahlt. Apropos Verhandlung: Schon vor dem ersten Treffen sollten Wunschpreis und Mindestpreis feststehen. Laut Zamzau kommt nämlich die Salamitechnik zum Einsatz: „Stück für Stück wird dabei vom angebotenen Preis etwas abgezogen.“ Um eine für beide Seiten vernünftige Preisbasis zu finden, stellt sich die Bewertungsfrage. Dieser ist also entsprechend viel Zeit zu widmen, um einen Dealbreaker zu vermeiden. „Pi-mal-Daumen-Berechnungen etwa über kostenlose Onlinerechner führen nicht zu realistischen Ergebnissen“, warnt Zamzau. Stattdessen stehen einige professionelle Methoden zur Verfügung, unter anderem Discounted Cash Flow (Abzinsung zukünftiger Zahlungsströme) und Multiplikatorenverfahren. Der Tipp von Zamzau: „Es ist nicht ratsam, diese Bewertung nur mit dem Steuerberater zu machen, da dabei oft nicht erkannt wird, dass auch Kundenstamm und Mitarbeiter sehr wertvoll sein können.“ Ebenso sollten Marken und Patente berücksichtigt werden. Bleibt die Frage, wie viel eine solch professionelle Bewertung kostet. 3.000 bis 5.000 Euro sollten schon eingerechnet werden, nennt Zamzau einen Rahmen.
Was steigert den Unternehmenswert?
Digitalisierung ist längst mehr als ein Schlagwort, auch bei Firmenverkäufen. Im Klartext: Sind wie bereits erwähnt wichtige Informationen in digitaler Form verfügbar? Zamzau rät außerdem dazu, unternehmerinduzierte Kosten abzubauen – dazu könnte etwa die Anstellung von Familienmitgliedern zählen. Beim Umsatz nochmals richtig Gas zu geben und Investitionen wie neue Maschinen besser hintanzustellen, poliert die aktuelle Schlussbilanz auch noch einmal auf. Als Alleinstellungsmerkmal ist außerdem die Markenpräsenz ein wichtiger Faktor.
Was schreckt potenzielle Käufer ab?
Im Gegenzug gibt es Kriterien, die mögliche Käufer vergraulen – entweder gleich nach der ersten Ansicht des Angebots oder nach einem ersten genaueren Einblick in das Unternehmen. „Viele Unternehmen haben Websites, die aus den 1990ern stammen könnten: ein Bild von der Werkshalle und ein Impressum, nicht mehr.“ Das sei abschreckend. Ebenso sind Social Media ein zentrales Thema, weil die Außendarstellung heute unverzichtbar ist. „Zur Digitalisierung gehört es eben auch, eine Onlinepräsenz zu schaffen.“ Gerade bei Familienunternehmen wird oft übersehen, welche Einnahmen ein Onlineshop bringen kann. Nicht zu unterschätzen ist auch die wachsende Bedeutung von Nachhaltigkeitskriterien. Es kommt gar nicht selten vor, dass Banken die Finanzierung eines Firmenkaufs verweigern, weil das ihren eigenen ESG-Standards widerspricht. „ESG sollte daher stets ein Aspekt sein“, sagt Zamzau. Dabei tun Firmen oft schon mehr, als ihnen bewusst ist – auch die Fotovoltaikanlage auf dem Dach der Werkshalle oder gelebte Inklusion im HR-Bereich sind Teil einer ESG-Strategie. Sie sollten in den Verkaufsunterlagen jedenfalls Erwähnung finden.
Wo und wie findet man Käufer?
Unternehmer- und Nachfolgebörsen, wie sie in Österreich etwa von der Wirtschaftskammer betrieben werden, sind eine gute Anlaufstelle. Allerdings werden dabei mitunter unseriöse Interessenten angelockt, die gar nicht über die nötigen finanziellen Mittel verfügen. Es sei daher empfehlenswert, Experten einzuschalten, die zum Beispiel die Bonität des potenziellen Übernehmers prüfen. „Über soziale Medien können zudem spezielle regionale Interessenten angesprochen werden“, rät Zamzau. Ein weiterer Tipp: Eine Verschwiegenheitserklärung (NDA) kann dafür sorgen, dass Mitarbeiter und Kunden nicht frühzeitig verunsichert werden.
Bleibt noch die Frage nach den Emotionen: Schließlich soll vor allem bei Familienunternehmen ein Lebenswerk neue Besitzer finden. „Bei Verhandlungen sollte man Emotionen möglichst draußen lassen“, sagt Zamzau. Was nicht leicht ist: Für Inhaber sind Unternehmen oft die zweite Familie, mit der man viel Zeit verbracht hat – und gerade deshalb kommt es auf die rechtzeitige Vorbereitung an.
Zahlen & Fakten
• 55 Prozent der Unternehmensübergaben in Österreich erfolgen laut Studie der KMU Forschung familienintern.
• 68 Prozent der entgeltlichen Firmenübergaben werden in Form von Einmalzahlungen abgewickelt.
• 60 Prozent der Unternehmer ab 55 Jahren wollen ihr Unternehmen in den kommenden Jahren verkaufen.