Martin Schaffer ist Partner bei mrp hotels, einem führenden Beratungsunternehmen im Bereich Hotelimmobilien. Im Interview erklärt er, warum sich Hotelinvestments trotz Marktschwäche lohnen – und wie sich der Aufenthalt für Gäste revolutionär verändert.
Interview: Stefan Schatz
Hotelimmobilien waren für Investoren schon immer interessant. Zumal die Hotel- und Tourismusbranche bis zum Jahr 2019 von Rekord zu Rekord gejagt ist. Aber, so Martin Schaffer, Partner und Geschäftsführer bei mrp Immobilien: „Alles, was bis 2022 galt, ist heute anders.“ Warum sich Investments trotzdem lohnen, was die Zukunft für Touristen bringt und warum die Immobilie über den Hotelerfolg entscheidet, erklärt er im Interview.
assets: Wie ist die Lage am Hotelmarkt?
Martin Schaffer: Die Nachfrage der Gäste ist hervorragend, obwohl uns mit Russland, Ukraine, Israel, Japan und China zehn Prozent der Herkunftsmärkte fehlen. Trotzdem sind wir nur ganz knapp unter dem Übernachtungsvolumen vom Vor-Corona-Jahr 2019.
Warum kommen die Asiaten nicht?
Schaffer: Das chinesische Regime hat die Ausreise sehr erschwert, es werden weniger Pässe ausgestellt. Japanische Gäste leiden unter dem Ukraine-Krieg: Die Sperre der Routen über Russland macht Flüge nach Europa viel teurer.
Der Reisemarkt funktioniert trotzdem. Boomen jetzt Hotelinvestitionen?
Martin Schaffer: Wegen der hohen Zinsen sind derzeit nur wenige Hotels zu haben. Nur wer muss, verkauft. Bis und während Corona lag der Kaufpreis einer Hotelimmobilie beim 20- bis 25-Fachen der Jahrespacht. Wegen der hohen Zinsen wird heute maximal zum 14-Fachen gekauft, höhere Preise halten mit der risikolosen Rendite fix verzinster Anleihen nicht mit. Wer vor Corona kaufte und heute abstößt, nimmt 20 Prozent Wertverlust in Kauf. Die Ausnahme bleibt das Luxussegment. Immobilien mit Betreibern wie Ritz-Carlton und Four Seasons sind für Investoren aus dem Mittleren Osten interessant. Auch der Verkauf der Park-Hyatt-Immobilie in Wien sollte sehr wertbeständig sein.
Was braucht eine Immobilie, um attraktiv für einen Hotelbetreiber zu sein?
Schaffer: Sie braucht ein attraktives Flächenkonzept: Die richtige Fläche fürs richtige Produkt, eine zeitgemäße Ausstattung und ein zukunftsfähiges Energiekonzept, die richtige Lage, und sie muss ein Produkt ermöglichen, das man die nächsten 15 bis 20 Jahre führen kann, weil die meisten Pachtverträge so lange laufen.
Diese Anforderungen machen kleinere Häuser schwerer verkaufbar, oder?
Schaffer Große sind leichter verkaufbar, vor allem an institutionelle Investoren, die sich mit Investments unter 20 Millionen Euro schwertun. Kleine Häuser sind an regionale Betreiber oder private Family-Offices verkaufbar. Die kleinen Häuser sind also nicht schwerer verkaufbar, nur der Investorenkreis ist ein anderer.
Kann man kleine Hotels lukrativ betreiben?
Schaffer: Da hätte ich vor drei bis fünf Jahren noch anders geantwortet. In Summe sind sie schwerer betreibbar, aber es gibt clevere Konzepte, die ohne Personal auskommen, etwa durch Digitalisierung von Zutritt und Backoffice. Dadurch braucht es kein Frontoffice und keine Familie, die Tag und Nacht vor Ort ist. Man macht aus einem kleinen Haus, das sonst von hohen Personalkosten erdrückt wird, ein personalloses Appartementhaus. Der Gast bekommt einen Zutrittscode, am letzten Tag kommt die Zimmerreinigung – das war’s. So kann man auch mit kleinen Häusern Geld verdienen. Das ist eine tolle Perspektive für Leerstände in vielen österreichischen Kleinstädten, wo Gasthöfe und Gaststätten sterben.
Welche Lagen sind denn für Hotels gefragt? Nach wie vor Zentrum und Innenstadt oder funktioniert die Entzerrung der Tourismusströme, die überall versucht wird?
Schaffer: In Wien funktioniert das zwangsweise. Die Innenstadt hat kaum mehr Platz für neue Hotels, große Häuser sind nur mehr außerhalb des Zentrums möglich. Aber: Wir haben in einer Preisanalyse festgestellt, dass die Zimmerpreise je 100 Meter zusätzlicher Entfernung vom Stephansdom sinken. Deshalb kann außerhalb der Innenstadt kein neues Hotel Sacher entstehen, sondern ein B&B-Hotel, ein Motel One, ein Budget-Hotel oder ein Appartementhotel.
Woran scheitern Hotels?
Schaffer: Oft schon an der Planung und der Immobilienkonzeption. Wenn man zu groß und nicht der Hotelkategorie entsprechende Flächen konzipiert, ist das über 20 oder 30 Jahre schwierig zu führen. Die hohe Pacht wegen des Zuviel an Quadratmetern kann man im gesamten Lifecycle der Immobilie nicht verdienen.
Auch nicht mit Kostenmanagement?
Schaffer: Nein. Obwohl uns Mitarbeiterkosten und Energiekosten sehr stark beschäftigen. Noch wichtiger ist das ESG-Thema. Eine neue Immobilie muss sämtlichen Taxonomiekriterien entsprechen und CO2-Vorgaben erfüllen. Ein sogenannter CRREM-Pfad legt Schritte fest, wie Immobilien den Pariser Klimazielen schrittweise genügen müssen. Man sieht anhand der Emissionen, wann eine Immobilie strandet. Das haben Investoren und Betreiber natürlich am Schirm.
Sind Ökoziele auch für die Gäste wichtig?
Schaffer: Megawichtig. Ohne den CO2-Ausweis einer Übernachtung geht im Corporate-Bereich mittelfristig nichts mehr. Zukünftige Generationen werden sogar noch genauer nachfragen.
Ist Regionalität ein Trend?
Schaffer: Regionalität ist ein riesiges Thema bei Produkten, Spezialitäten und Getränken. Man darf ESG nicht nur auf den ersten Buchstaben reduzieren, auch die faire und gleiche Bezahlung der Mitarbeiter ist wichtig, Governance sogar entscheidend. ESG-Reportings lösen Nachhaltigkeitsberichte nach und nach ab.
Wie schwierig sind Mitarbeiter zu finden?
Schaffer: Wir stehen erst am Beginn des großen demografischen Wandels. Wir leben in einer personalintensiven Branche. Deshalb ist der Sprung zur Digitalisierung spannend. Man spart dadurch Stellen, für die man ohnehin niemanden findet, und gleichzeitig auch Kosten.
Die Luxushotellerie braucht aber Personal.
Schaffer: Die Luxushotellerie wird deshalb noch teurer, die Budget-Hotellerie personallos: Ein- und Auschecken am Automaten. Gastronomie gibt es keine mehr, Frühstück ist in der Stadt schon jetzt nicht mehr selbstverständlich.
Bleibt eine Hotelimmobilie immer ein Gästehaus oder gibt es Nachnutzungen?
Schaffer: Die aktuellere Frage ist: Kann man Büroimmobilien in Hotels verwandeln? Viele Büros wären für eine Umwidmung geeignet. Es gibt Spezialisten, die genau solche Immobilien betreiben. Was auch kommen wird, sind Hotels ohne Erdgeschoss. Weil man das Erdgeschoss gut an den Handel, aber nicht an Gäste vermieten kann.
Gibt es noch andere Trends?
Schaffer: Massiv im Kommen sind Appartements. Der Betrieb ist kostengünstig, es braucht keine Allgemeinflächen für Küche, Gastronomie und Seminarraum, die Betriebsergebnisse sind deutlich besser als bei Hotels. Betreiber wie Numa und Limehome drängen massiv auf den Markt, revolutionieren ihn und bieten viele tolle neue Produkte an.
Werden Appartements auch nachgefragt?
Schaffer: Sogar sehr stark. Junge Gäste wollen nicht gefragt werden, ob die Anreise gut war, sondern einchecken und gehen. Das trifft den Zeitnerv.
Bleiben Hotels für Investoren attraktiv? Schaffer: Hotels werden in den Portfolios der Investoren sogar immer wichtiger: Sie bekommen eine Immobilie mit einem Betreiber samt 20-jährigem Pachtvertrag und zwölfmonatiger Bankgarantie. Das gibt es bei Wohnbauten oder am Büromarkt nicht.
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MRP Consult GmbH
Unter der bekannten Marke mrp hotels ist das Unternehmen eines der führenden Beratungsunternehmen im Hotelbereich mit Hauptsitz in Wien und Niederlassungen in Deutschland. Die Leistungspalette ist breit, man berät Investoren und Developer ebenso wie Hotelbetreiber, begleitet M&A-Prozesse, fungiert im Rahmen von Asset-Management als Bindeglied zwischen Eigentümer und Betreiber und übernimmt temporär auch das Interimsmanagement von Häusern. Derzeit sind 1,2 Milliarden Euro Assets under Management, der Umsatz liegt bei über 210 Millionen Euro. Zu den Referenzen zählen Luxushotels wie u. a. das Grand Hotel des Bains Kempinski in St. Moritz ebenso wie u. a. Hilton, Loisium oder B&B Hotels in Österreich.