Wie die Zeit vergeht!

Es waren turbulente Jahre für Patek Philippe. Die heute so erfolgreiche Uhrenmanufaktur bekam, wie so viele andere Unternehmen auch, die Nachwehen des 29. Oktober 1929 zu spüren, der als „Schwarzer Dienstag“ in die Geschichte eingehen sollte. Die folgende jahrelange Wirtschaftskrise setzten der Firma arg zu. Erst 1932 sollte sich die Lage wieder beruhigen. In jenem schicksalshaften Jahr passierten zwei Dinge, die heute als Wendepunkte gelten: Die Familie Stern stieg in das Unternehmen ein. Sie leitet es bis heute. Und mit der Ref. 96 wurde ein Uhrenmodell lanciert, das als Prototyp der mittlerweile legendären Calatrava das Fundament für den weiteren Aufstieg der Manufaktur legte.

Ihr Design leitete sich konsequent vom Bauhaus-Credo „Form folgt Funktion“ ab. Das Gehäuse schlicht rund, Zifferblatt und Zeiger beschränken sich auf das notwendige Minimum. Nichts sollte von der Zeitanzeige ablenken. In dieser konsequent funktionellen Gestaltung zählt die Calatrava zu den ersten klassisch runden Armbanduhren der Schweizer Uhrengeschichte und gilt seither als Referenz dieser Uhrengattung, die man unter der Kategorie „Dress Watch“ subsumieren kann.

Patek Philippe hat die Calatrava im Laufe ihrer nunmehr 90-jährigen Geschichte mit jeder denkbaren Funktion ausgestattet, vom Tourbillon bis zum Schlagwerk. Doch blieb und bleibt sie ihrer stillen, auf Understatement bedachten Ästhetik
immer treu. Das zeigt sich auch bei den aktuellen Modellen wie dem jüngsten Mitglied der Calatrava-Kollektion, der Referenz 5226 in Weißgold, die die Manufaktur auf der Uhrenmesse Watches & Wonders vorstellte. Die Dreizeigeruhr mit Datumsfenster besticht durch ihre Beschränkung auf das Wesentliche. Fast überflüssig hinzuzufügen, dass ihr „Innenleben“, das Automatikwerk, den höchsten Ansprüchen der Uhrmacherkunst gerecht wird.

Designikone für Piloten Zwanzig Jahre später hatte sich die Welt gewandelt. Die 1960er-Jahre waren geprägt von Aufbruch und Wachstum. In jene Ära fällt der Aufschwung der zivilen Luftfahrt, Piloten waren die Helden dieser Zeit. Ihnen gehörte die Welt. Diese Zielgruppe hatte Willy Breitling vor Augen, als er die Entwicklung der Nachfolgerin der Chronomat, der ersten Uhr mit einer drehbaren Rechenschieber-Lünette, anschob. Ihr Name: Navitimer – ein Kunstwort aus Navigation und Timer.

Eine Uhr, die sich auch im Weltraum bewährte und von der NASA mit dem Silver Snoopy Award ­ausgezeichnet wurde. So hat der niedliche Hund auch seinen Weg auf die aktuelle Speedmaster von Omega gefunden.

Er wollte einen Chronographen, mit dem Piloten alle notwendigen Flugberechnungen durchführen konnten, etwa den Kraftstoffverbrauch oder Steig- bzw. Sinkraten. Von Cockpitinstrumenten inspiriert, war ihr Zifferblatt schwarz, ihre Totalisatoren waren für eine optimale Ablesbarkeit weiß. Heute unbestritten eine unverwechselbare Designikone und ein Lifestyle­objekt und steht wie kein anderes Modell für die Marke Breitling. Aber nicht einmal Willy Breitling, der Enkel des Firmengründers, hätte das 1952 ahnen können.

Klassiker überarbeitet

Zwei Jahre später,1954, ernannte die amerikanische Aircraft Owners and Pilots Association (AOPA), der größte Piloten-Club der Welt, die Navitimer zu ihrem offiziellen Zeitmesser. Das Flügellogo des Verbands prangte auf der 12-Uhr-Posi­tion. Zur 70-Jahr-Feier der Ikone ließ Breitling, heute längst kein familiengeführtes Unternehmen mehr, das Design der Navitimer überarbeiten. Dies geschah sehr sanft und unter Beibehaltung aller wichtigen Codes. So ist die Navitimer anno 2022 bunter geworden, es gibt sie
in unterschiedlichen Größen, in ihr tickt ein Manufakturkaliber, selbstverständlich kann man nach wie vor an der Rechenschieberlünette herumspielen – und das Flügellogo ist wieder dort, wo es hingehört, auf der 12-Uhr-Position.

Die Rennuhr am Mond Auch im Weltall war sie schon, die Navi­timer. Ebenso wie ein anderer Chronograph, der sogar beim ersten Mondspaziergang 1969 dabei war, die Speedmaster von Omega. Als „Moonwatch“ in die Geschichte der Uhr eingegangen, erblickte das Modell 1957 das Licht der Welt. Zählt heuer also 65 Lenze. Vorgesehen war die Uhr für den Automobilrennsport, was sich an der vorstehenden Lünette mit Tachymeterskala zur Ermittlung von Durchschnittsgeschwindigkeiten widerspiegelt. Die Anordnung außerhalb des Glases war neu und ist bis heute ein typisches Merkmal der Uhr, die zur Ikone zu reifen begann, als die NASA die Speedmaster zu ihrer offiziellen Uhr auserkor und ihre

Nein, diese Uhr liegt nicht falsch herum. Rolex hat die GMT-Master II für Linkshänder entwickelt. Vor 40 Jahren kam sie das erste Mal auf den Markt.
Stille Eleganz seit 90 Jahren: Die Calatrava von Patek Philippe zählt zu den ersten klassisch runden Armbanduhren der Schweizer Uhrengeschichte.
Ein Zeitmesser mit Ecken und Kanten ist die Royal Oak. Mit ihr hielten ab 1972 Edelstahluhren Einzug in die Haute Horlogerie.

Astronauten damit ausstattete. Kein Marketingverantwort­licher hätte sich das besser ausdenken können.

Zurück im All

Am 17. April dieses Jahres feierte Omega den 52. Jahrestag der Apollo-13-Mission. Als die berühmte Mission 1970 startete, konnten weder die Crew an Bord noch das Team der Bodenstation ahnen, welche dramatischen Ereignisse und welche Beinahe-Katastrophe auf sie zukommen würden. Die Sache ging gut aus, auch dank einer Speedmaster Professional, mit der die Astronauten die Zeit bei einem waghal­­sigen Manöver stoppten. Die aktuelle Speedmaster „Silver Snoopy Award“ erinnert daran. Vor Kurzem ist die „Speedy“ übrigens wieder ins All geflogen, am Handgelenk von Amazon-Gründer Jeff Bezos.

Damit kommen wir zu einer weiteren Jubilarin und einem der weltweit begehrtesten Uhrenmodelle, der Royal Oak von Audemars Piguet. Sie ist heuer 50 geworden. Mit ihr begann der Aufstieg der Stahl­uhr in der Haute Orlogerie. Entworfen hat sie der kultisch verehrte Designer Gérald Genta im Jahr 1972. Die Royal Oak war aufregend, neu und ist bis heute unverkennbar, weil sie mit allen Konventionen brach: Sie hatte Ecken, polierte und patinierte Kanten, die achteckige Lünette mit sichtbaren sechseckigen Schrauben befestigt, integriertes Armband, kein Glied wie das andere. Das, was davor versiegelt und versteckt worden war, stellte plötzlich den Mittelpunkt des Designs. Anfangs verkaufte sie sich mehr schlecht als recht, bevor sie schließlich zu der Uhrenikone wurde, die sie heute ist. Für Audemars Piguet ist sie jedenfalls der Goldesel in der Kollektion. Kein Wunder, dass man deren 50er groß feiert und ihr etwa mit der Royal Oak RD#3 Self­winding Flying Tourbillon Extra-Thin ein Jubi­läumsmodell widmet.

„Sprite“ – auf diesen Namen wurde die jüngste Version der GMT-Master II umgehend von der Community getauft, da war sie noch keine 24 Stunden alt. Rolex hat die Zeitzonenuhr mit der markanten schwarz-grünen Lünette auf der Uhrenmesse Watches & Wonders vorgestellt. Ungewöhnlich, neben der Farbgebung: Die Aufzugskrone sitzt auf der linken Seite, ebenso das Datum. Eine Uhr für Linkshänder also. Die erste in der 40-jährigen Geschichte der Modellfamilie, deren Mitglieder die Spitznamen „Pepsi“ (rot-blaue Lünette) oder „Batman“ (schwarz-blaue Lünette) tragen.

Für Kosmopoliten

Die GMT-Master II wurde erstmals 1982 präsentiert und richtete sich nunmehr an ein breiteres Publikum als ihre Vorläuferin, die GMT-Master. Zielgruppe waren (und sind) Weltreisende. Denn mit ihr behalten Vielflieger gleichzeitig den Überblick über zwei Zeitzonen: Sie bietet neben der normalen Zeitanzeige einen 24-Stunden-Dreieckszeiger samt drehbarer Lünette mit 24-Stunden-Graduierung, mit deren Hilfe man Lokalzeit und Referenzzeit oder die Zeit in einer anderen Zeitzone ablesen kann. Eigenschaften, die sie – damals wie heute, egal ob für Links- oder Rechts­händer – unverkennbar machen.   ←