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Privat-Piloten – Einfach abheben

Der Zeitplan ist eng, der Weg zum nächsten Termin weit. Aber wenigstens per Autobahn erschlossen. Dann: ein Unfall. Man ist zwar Gott sei Dank nicht selber drin verwickelt, steht aber trotzdem. Und zwar lange. Wartende Autos, wohin man auch blickt. Außer nach oben, wo in endlos scheinenden Weiten ein kleines Privatflugzeug ungehindert Richtung Ziel strebt.

Die Legende erzählt, dass ein ähnliches Szenario in Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz die Sehnsucht nach dreidimensionaler Fortbewegung weckte. Andere sind überzeugt, Ex-Formel-1-Fahrer und Transportunternehmer Gerhard Berger hätte dem Erfolgsunternehmer das Cockpit schmackhaft gemacht. Jedenfalls machte Mateschitz den Pilotenschein. Und entdeckte seine Leidenschaft fürs Fliegen. Nicht umsonst residiert die Red-Bull-Welt im Hangar 7 bei Salzburg und beherbergt eine ansehnliche Sammlung historischer Flugzeuge. Wolfgang Für­weger beschreibt in seinem Buch „Die Red Bull Story: Der unglaubliche Erfolg des Dietrich Mateschitz“ anschaulich, wie der smarte Unternehmer bei Veranstaltungen oft mit selbst gelenktem Helikopter landet. Seine Investments retteten auch abgelegene Flugfelder vor dem Aus. So gesehen verleiht Red Bull tatsächlich Flügel.

Mateschitz ist längst nicht der einzige heimische Unternehmer, der auch im Verkehr hoch hinaus will. Karl Kletzmaier, der gemeinsam mit Gunther Krippner die weltweit erfolgreiche Hightech-Schmiede KEBA gründete, formte aus seinem Hobby sogar das Bedarfsflugunternehmen Jetfly, das der 77-Jährige erst im April aus Altersgründen an eine Gruppe Industrieller rund um KTM-Chef Stefan Pierer verkaufte. Auch bei Kletzmaier war beruf­licher Reisestress die initiale Zündung für die Pilotenausbildung. „Wir hatten früher viel in Deutschland zu tun, manche Wochenenden waren mit technischen Services verplant. Da bin ich dann mit meiner kleinen Maschine selbst hingeflogen, weil ich flexibler und schneller war“, erzählte der Hightech-Visionär dem Firmenkundenmagazin „business“ der Raiffeisenlandesbank OÖ vom Auslöser für seine schon recht frühen Höhenflüge. Auch der im Vorjahr verstorbene Hubert Palfinger, der als Maschinenschlosser den Weltmarktführer für Hebelösungen gleichen Namens gründete, ging gerne in die Luft. Führungskräfte seines Unternehmens wurden von ihm oft höchstpersönlich in der privaten Cessna zu Meetings pilotiert.

In der internationalen Unternehmerszene ist das Privatflugzeug ohnehin gängiges Business-Accessoire: Auto-Management-Legende Bob Lutz, der einstige Boss der deutschen Telekom Ron Sommer, Haribo-Gründer Hans Riegel, Autovermiet-Riese Erich Sixt, Schraubenkönig Reinhold Würth und Elon Musk sowieso: Sie alle dürfen (bzw. durften) Flugzeuge unterschiedlicher Klassen pilotieren. Am Flugplatz treffen sie auf Entertainer wie Stefan Raab, Starköche wie Johann Lafer sowie zahlreiche Politiker. Unter Letzteren wurde vor allem der resolute Bayern-Chef Franz Josef Strauß legendär. Heute noch erzählt man sich, wie sich der streitbare Politiker bei schlechten Sichtverhältnissen gerne an Autobahnwegweisern orientierte – und entsprechend niedrig flog, um sie ablesen zu können.

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Flugzeuge von Diamond Aircraft sind bei Privatpiloten besonders beliebt.
Foto: Diamond Aircraft

Pilotenschein ist heiß begehrt

Anekdoten wie diese gibt es viele in der privaten Fliegerei, oft sind sie im Small Talk bei Netzwerktreffen hochrangiger Businessvertreter zu hören. Und sie werden dann, wenn Corona wieder persön­liche Meetings zulässt, noch häufiger werden. „Generell ist das Interesse an der Ausbildung zum Privatpiloten in der Coro­nazeit deutlich gestiegen“, bestätigt Benedikt Kerth vom Aviation Flight Center in Wiener Neustadt. Das Unternehmen ist Teil der international renommierten Aviation-Academy-Austria-Gruppe, die zwar auf die Ausbildung von Berufspiloten spezialisiert ist, aber auch die Schulungen für die international anerkannte Privatpilotenlizenz PPL durchführt. Zwischen 30 und 50 Personen befinden sich derzeit in der PPL-Ausbildung und damit deutlich mehr als vor 2020, so Kerth. Der Wunsch, Flugzeuge zu pilotieren, habe ähnlich stark zugenommen wie die Nachfrage nach E-Bikes: nicht in absoluten Zahlen, aber in Sachen Steigerungsrate.

Den Grund dafür findet Gustav Holdosi, Präsident der Motorflugunion Klosterneuburg, in einem Vorwort auf der Homepage des Vereins in den geschäftlichen Notwendigkeiten der näheren Zukunft. Klassische Linienflugzeuge steuern in ­Europa etwa 300 Ziele an, Turbopropflugzeuge und Light-Jets können auf über 2.000 Flughäfen landen, argumentiert er. „Besonders bei der wirtschaftlichen Erschließung Osteuropas übernimmt die General Aviation nach wie vor eine Schlüsselrolle. Der Individualverkehr in der Luft ist vielfach das einzige sofort verfügbare, schnelle, sichere und kostengünstige Transportmittel.“ Da immer mehr Unternehmen die Luftfahrt jenseits großer Airlines nutzen, ist er überzeugt: „Die Zukunft der regionalen Fliegerei bis 800 Kilometer Entfernung gehört somit den ein- und zweimotorigen Luftfahrzeugen, kleine Personaljets werden diesen Trend künftig verstärken.“

Der Himmelsweg

Tatsächlich sind die Hürden auf dem Weg zur Pilotenberechtigung überschaubar. „Am Anfang steht eine ärztliche Untersuchung für das flugmedizinische Tauglichkeitszeugnis“, erklärt Benedikt Kerth. Fehlsichtigkeit sei längst kein Ausschließungsgrund mehr, kritisch seien aber Schwächen im Farbsehen, Kreislaufpro­bleme und Einschränkungen, die auch das Lenken eines Fahrzeugs zur Gefahr machen. Dann braucht es noch einen Strafregisterauszug, schon ist der Weg zum fliegerischen Know-how-Erwerb frei. „Die theoretische Ausbildung umfasst 67 Stunden im Klassenunterricht und Vorbereitung per E-Learning – coronakonform und flexibel einteilbar. Der praktische Teil dauert 45 Stunden“, erklärt Kerth. 12.500 Euro kostet das Paket, dazu kommen noch allerhand Gebühren, die sich auf etwa 1.500 Euro summieren. Freimütig gibt Kerth zu, dass manche Vereine den Weg nach oben billiger geben, dafür genieße man im Aviation Flight Center auch eine Reihe von Vorteilen (siehe links).

Nach bestandenen Prüfungen erhält man die Privatpilotenlizenz PPL und kann endlich unbeaufsichtigt den Himmel erobern. Allerdings nur bei Tageslicht, man muss sich von Wolken fernhalten und das Fluggerät darf nur einmotorig sein. Damit darf man das klassische Privatflugzeug mit zwei Tonnen Abfluggewicht und insgesamt vier Insassen steuern. Wer mehr will, muss zurück auf die Schulbank: „Die Instrumentenflugberechtigung ist recht aufwendig und kostet für einmotorige Maschinen etwa 20.000 Euro. Die Nachtflugberechtigung ist einfacher und um etwa 2.500 Euro zu haben, es gibt auch Differenztrainings für mehrmotorige Maschinen“, erzählt Kerth. Wer vom Jet träumt, braucht noch speziell auf den jeweiligen Flugzeugtyp zugeschnittene Spezialtrainings, die sogenannten Ratings: „Da kommen aber noch einmal schnell zwischen 15.000 und 20.000 Euro zusammen“, so Kerth. Die Fliegerei mit vertikal montiertem Propeller am Dach ist kaum kostengünstiger. Denn auch die Helikopterausbildung ist durchaus exklusiv, bei Österreichs traditionellster Hubschrauberflugschule Heli-Line werden je nach Fluggerät zwischen 24.000 und 36.000 Euro in Rechnung gestellt.

Offen spricht Kerth an, dass Fliegen ein exklusives Hobby sei, das eher Vermögende anzieht. „Obwohl es auch viele gibt, die der Flugleidenschaft erlegen sind und für ihr Hobby bei anderen Ausgaben sparen.“ Und da Zeit ­einem Sprichwort zufolge sowieso Geld ist, hilft eine Privatpiloten­lizenz sogar beim Senken der Kosten. Tatsächlich bleibt das eigene Flugzeug die schnellste Art der Distanzüberwindung. Zumindest innerhalb Europas.

Im Anflug

Verein oder Flugschule
Der günstigste Weg zum Pilotenschein führt über zahlreiche Vereine, die eine entsprechende Ausbildung anbieten. Vor allem im Großraum Wien gibt es viele Angebote. Wer gerne mit Gleichgesinnten plaudert und geselliges Vereinsleben liebt, ist dort bestens aufgehoben. Gewerbliche Flugschulen wie das Aviation Flight Center bieten dafür Modernität und Flexibilität. „Bei uns kann man alle Module bis hin zum Berufspiloten absolvieren“, erzählt Sales Manager Benedikt Kerth. 160 Piloten seien momentan in der Schulung zum Berufspiloten, geflogen wird mit modernen Diamond Aircrafts. Das Glascockpit mit digitalen Anzeigen statt analoger Instrumente dieses österreichischen Exportschlagers sei in der Ausbildung ein klarer Vorteil und führe dazu, dass sich ­Novizen im Cockpit schnell wohlfühlen. „Ein weiterer Vorteil ist, dass bei uns sieben idente Flugzeuge für PPL-Flugschüler zur Verfügung stehen. Im Gegensatz zu kleinen Vereinen gibt es keine Wartezeiten, weil ein Flugzeug gewartet wird“, hebt Kerth einen wichtigen USP hervor. Und für alle, die noch höher hinauswollen, hat sein Mutterkonzern Aviation ­Academy Austria noch ein besonderes Schmankerl parat: Im Simulatorzentrum Neusiedl am See warten fünf hochmoderne Full-Flight-Simu­latoren samt Briefing- und Schulungsräumen, wo vom Businessjet bis zum Fokker-Passagierflugzeug zahlreiche Modelle realitätsnah geflogen und erlernt werden können.