assets Magazin: Navitimer von Breitling
Navitimer von Breitling:

Ohne Ablaufdatum

Eine der ersten Navitimer von Breitling: Die Lünette dient als Rechenschieber.

Die Schweizer Uhren-Aristokratie konzentrierte sich von jeher auf feine und kostspielige Luxusuhren mit hochwertiger Ausstattung und traditioneller Technik. Nichts scheint sie davon abzubringen. Weder die „Quarzkrise“ in den 1970er-Jahren, als die Japaner mit billigen Quarzuhren den Weltmarkt zu fluten begannen (und die Schweizer Uhrenindustrie an den Rand des Abgrunds führten), noch der aktuelle Konkurrenzdruck durch sogenannte Smartwatches. Diese, man möchte sagen, Sturheit, zahlt(e) sich aus: Heute gilt die mechanische Uhr als Schmuckstück, als analoges Kulturgut.

Fünf Minuten zum Kult

Dabei leuchten vor allem jene heraus, die es geschafft haben, sich als Klassiker, nachgerade als Ikonen, zu etablieren. Bestes Beispiel dafür ist die Nautilus der 1839 gegründeten Manufaktur Patek Philippe. Legendär ist die Episode rund um die Geburt dieses Ausnahmezeitmessers, der heute als Kultuhr gilt. Sie entsprang dem genialen Kopf von Gérald Genta, der unter anderem auch für das Design der Royal Oak, eines Bestsellers von Audemars Piguet, verantwortlich war. Er kritzelte innerhalb von fünf Minuten jenen Zeitmesser auf eine Serviette, der noch heute für Furore sorgt – und für den Uhrenliebhaber eine jahrelange Wartezeit in Kauf nehmen. Die nackten Schrauben der Royal Oak waren verschwunden und einer hochwertig satinierten Lünette gewichen, deren Form an das Bullauge eines Schiffs angelehnt, aber etwas ovaler ist. Das markanteste Kennzeichen der Nautilus sind allerdings die zwei „Flügel“ auf der Seite des Gehäuses. Die Uhr kam 1976 auf den Markt. Sie war, anders als bei Patek Philippe üblich, aus Edelstahl und lag preislich im Laufe der Jahrzehnte weit über so manchem Goldmodell. Umso betrüblicher für manchen Fan der Nautilus war Anfang des Jahres der Beschluss der Genfer, ihren Bestseller, das Modell mit der Referenz 5711/1A, nicht mehr produzieren zu wollen. Ihren Status wird sie aber kaum verlieren. Für gebrauchte Modelle werden bereits Unsummen geboten.

Es gibt, so lautet die gängige Meinung, nur ein Unternehmen, das mit Patek Philippe um den Titel des größten Uhrenerzeugers der Welt rittert: Rolex. Der Schweizer Riese mit der Krone, Jahresproduktion schätzungsweise rund eine Million Zeitmesser, ist allerdings weitaus bekannter als Patek Philippe, da es ihm quasi gelungen ist, mit seinem Produkt gleichgesetzt zu werden. Wer von Rolex spricht, meint gemeinhin Luxusuhren. Der Wissenschaftsjournalist Lucien F. Trueb schrieb einst passenderweise: „Eine Rolex ist ein Kultobjekt, das jeder rationalen Analyse trotzt.“ Modelle, die von Rolex auf den Markt gebracht werden, bleiben zumeist für immer im Katalog, auch wenn sie gelegentlich etwas verändert werden. Wie die Submariner, die als Archetyp der modernen Taucheruhr gilt – oft kopiert, nie erreicht. Immerhin hat Rolex mit dem Oystergehäuse schon 1926 bewiesen, dass seine Armbanduhren absolut wasserdicht sind. Die erste Submariner wurde 1953 präsentiert. Die für sie typischen „Ansätze“ neben der patentierten Triplock-Aufzugskrone kamen 1959 hinzu. Sie wurde im Laufe der Jahre immer wieder verbessert. So kam zum Beispiel eine neue, verfeinerte Submariner mit einem Datumsfenster, nützlich im Alltagsgebrauch auch außerhalb des Wassers, 1969 auf den Markt. Es gibt nur wenige Modelle, die dem Vergleich mit der Submariner standhalten. Dank ihres unverkennbaren Designs und des legendären Rufs wird das Modell seit Jahrzehnten als eine der besten Uhren der Geschichte gefeiert. Bis 300 Meter wasserdicht, ist die Submariner der Inbegriff sportlicher Eleganz, auch außerhalb der Tiefsee.

Wenig bekannt ist, zumindest abseits der Uhrenszene, dass Rolex einst auch Kaliber für eine Uhrenmarke lieferte, die ebenfalls eine treue Fangemeinde um sich schart: Panerai. Die Italiener haben bei der 1936 vorgestellten Radiomir die Oyster-Konstruktion in überdimensionierter Kissenform übernommen und bekamen zudem später noch ein Chronographenwerk von Rolex. Ihre militärischen Wurzeln – die Zeitmesser wurden für die italienische Marine, konkret für Kampftaucher gefertigt – hat Panerai längst abgestreift. Auch die Werke kommen seit geraumer Zeit aus eigener Produktion, immerhin ist die wohl einzige international bekannte Uhrenmarke aus Italien heute Teil des Luxuskonzerns Richemont. Doch die spezielle Gehäuseform, die sie so einzigartig macht, wurde selbstverständlich beibehalten. Vor allem die Luminor, Nachfolgerin der Radiomir, ist unverkennbar, was an ihrem markanten Kronenschutzbügel liegt, den es zwar schon länger gab, der aber erst 1956 patentiert wurde. Traditionell sind die Modelle von Panerai limitiert. Was sie bei Sammlern umso begehrter macht.

Lünette als Rechenschieber

Verlassen wir nun das nasse Element und richten wir unseren Blick in die Wolken und auf einen weiteren Klassiker der
Uhrengeschichte. Die Armbanduhr Navitimer wurde 1952 von Breitling auf den Markt gebracht und kann seither auf eine Erfolgsgeschichte zurückblicken, auch wenn sich der Fokus der Unternehmensleitung mittlerweile verlagert hat: Wer an Breitling denkt, dem schwebt wohl dieses Modell vor. Interessant ist schon einmal der Name – ein Kunstwort aus Navigation und Timer. Es handelt sich um einen Chronographen mit einer Zusatzfunktion, einer Lünette, die als Rechenschieber dient. Ein Feature, bei dem Breitling vor allem Piloten im Sinn hatte, die damit während des Fluges beispielsweise Berechnungen anstellen konnten, wie viel Treibstoff im Verhältnis zur bereits zurückgelegten Strecke noch übrig war. Natürlich ist das längst nicht mehr notwendig (und natürlich kauften sich nicht nur Piloten das gute Stück), aber die Navitimer hat bis heute nichts von ihrer Faszination verloren. Neuere Modelle haben ein Manufakturwerk mit an Bord.

Wie stark verwoben die Schweizer Uhrenindustrie ist, zeigt auch das Beispiel des weltweit ersten Hochfrequenz-Chronographenwerks mit automatischem Aufzug. Es wurde 1969 von Zenith vorgestellt und auf den Namen El Primero getauft. Die Geschichte vom heldenhaften Uhrmacher Charles Vermot, der es vor seiner Vernichtung rettete, lässt keinen Uhrenfan kalt. Dass es einst in der legendären Daytona von Rolex tickte, wohl auch nicht. Zenith wiederum feierte es 2019 ausgiebig und brachte es unter anderem im Gehäuse der heuer rundum erneuerten Chronomaster ans Handgelenk der geneigten Kundschaft. Deren Design trägt die typischen Merkmale des Originals, das vor 50 Jahren auf den Markt kam. Am augenfälligsten sind die drei farbigen, einander überlappenden Hilfszifferblätter, die der Chronomaster-Kollektion die entsprechende Distinktion geben. Eine Uhr, die das Zeug zum Klassiker hat.