Wege aus der Immobilienkrise
Beim traditionellen Immobilien-Round-Table von assets diskutierten renommierte Profis aus der Immobilienwirtschaft über die Auswirkungen von Zinssenkungen, die Entwicklung der Märkte und wie man mehr Wohnraum schaffen kann.
Moderation: Stefan Schatz
Alle sprechen von einer Krise – aber wie schwierig ist die Lage in der Immobilienbranche wirklich? Diese und andere Themen rund ums Bauen und Wohnen diskutierten Michael Schmidt, 3SI Immogroup, Mario Bruckner-Simon, BSP Immobilien AG, Hannes Speiser, Winegg Realitäten GmbH, und Walter Neumann, Valuita GmbH.
assets: Zeichnet sich am Immobilienmarkt langsam eine Erholung ab?
Hannes Speiser: Die Nachfrage steigt, Interessenten investieren wieder in neuen Wohnraum.
Mario Bruckner: Wenn ich über Graz blicke und mir vergegenwärtige, wie viele Kräne ich im Vergleich zu letztem Jahr sehe, ist das sehr traurig. Das Endkundengeschäft ist schwierig, die Talsohle sollte jedoch erreicht sein.
Walter Neumann: Wir haben die Bodenbildung erreicht, die Nachfrage steigt. Die Käufer sind zurückhaltend, weil derzeit das Angebot deutlich höher ist. Früher musste man sich in zwei Wochen entscheiden, sonst war die Wohnung weg. Jetzt haben Interessenten viel mehr Zeit zu überlegen. Die Entscheidungsfreudigkeit ist noch nicht da.
Michael Schmidt: Wir spüren jedenfalls positive Signale. Wir haben letztes Jahr 90 Wohnungen verkauft, heuer werden es um die 180 bis 200 Wohnungen sein – im Schnitt um über 7.500 Euro pro Quadratmeter. Wir sind im gehobenen Bereich für Eigennutzer tätig, da steigen Nachfrage und Abschlüsse. Man muss aber mehr Zeit für einen Abschluss investieren. Gab es früher fünf Interessenten für eine Wohnung, ist es jetzt einer.
Wirken die sinkenden Zinsen belebend?
Bruckner: Natürlich.
Schmidt: Die Nachfrage wird steigen. Auf der Wohnbau-Finanzierungsplattform Infina finden bonitätsstarke Kunden schon Zinssätze unter drei Prozent. Dazu kommt die Psychologie: Wenn die Zinsen laufend steigen, ist das kein gutes Signal. Jetzt gibt es monatlich bessere Finanzierungsangebote, das sind natürlich Kaufanreize.
Neumann: Im gehobenen Bereich ist die KIM-Verordnung weniger spürbar. Der Durchschnittsverdiener tut sich nach wie vor schwer mit der Finanzierung. Das wird uns noch eine Zeit begleiten.
Schmidt: Mit den sinkenden Zinsen wird es etwas leichter, die KIM-Verordnung einzuhalten, aber sie verhindert weiterhin vielen Käufern den Wunsch nach Eigentum. Das heißt: Es bleibt schwieriger als früher, aber es wird jeden Tag ein bisschen besser.
Neumann: Wir sind im Vorsorgesegment tätig. Es ist ein großer Unterschied, ob man zu vier oder zu fünf Prozent finanzieren muss. Das wirkt sich auch auf die Rendite aus. Und: Den Anlegern fallen die Alternativen weg. Die Zeiten hoher Zinsen auf Guthaben bei der Bank sind schon wieder vorbei. Also wird es reizvoller, in Immobilien zu investieren.
Speiser: Investitionen in Immobilien sind nachhaltig, langfristig und auch sicher.
Bekommen Käufer von Vorsorgewohnungen Probleme mit Liebhaberei, weil die hohen Mieten nicht erzielbar sind?
Neumann: Vielleicht haben in der Höchstphase einzelne Objekte zu teuer eingekauft. Jetzt springt der Mietmarkt an, es sollte niemand, der mit Fixzinsen kalkulierte, Schwierigkeiten mit der Versteuerung haben. Wer mit 1,5 Prozent variabel kalkulierte und plötzlich 5,5 Prozent Zinsen stemmen muss, hat weniger mit der Miete ein Problem als mit der Zinsabschreibung. Es gibt aber eine neue Verordnung, die den Beobachtungszeitraum für Neukäufe auf bis zu 28 Jahre verlängert. In diesem Zeitraum sollte man es schaffen, Erträge zu erwirtschaften. Es kommt darauf an, mit welchen Werten man in die Totalgewinnberechnung geht.
Sind Vorsorgewohnungen noch gefragt?
Speiser: Durch die aktuellen Zinssenkungen steigt auch hier wieder die Nachfrage.
Schmidt: Auch bei Zinshäusern als Investitions- oder Liebhaberobjekt wird es wieder besser. Dieses Segment hat am meisten unter der Krise gelitten. Die Nachfrage steigt aber schon und es gibt jetzt gute Chancen für den Einkauf. Die Differenz zwischen den Quadratmeterpreisen für ein Zinshaus und den Quadratmeterpreisen von Wohnungen ist noch nie so groß gewesen, deshalb kaufen wir weiter.
Bruckner: Schwieriger ist der Markt im Bereich der Bauherrenmodelle. Da ist der Markt noch nicht so angesprungen, wie wir uns das wünschen. Die Zinssenkungen sollten auch in diesem Bereich für neuen Schwung sorgen. Das Problem ist: Dass Immobilien in der Krise sind, sitzt in den Köpfen der Investoren fest. Viele warten, ob die Zinsen weiter sinken.
Neumann: Der Grazer Markt ist sehr eigen. Angeblich wurde zu viel gebaut. Ich kann das nicht feststellen, Graz ist ein guter Markt für Vermietungen. Das Überangebot an Wohnungen ist nicht so gegeben, wie teilweise vermittelt wird. Es gibt nach wie vor sehr hohen Zuzug.
Schmidt: Ich höre, dass es viel Reservefläche an Baufeldern gibt, da ist von hunderttausenden Quadratmetern die Rede.
Bruckner: Die Wohnungen müssen aber erst einmal gebaut werden. Die Flächen eignen sich nicht für Luxusobjekte, bei Wohnungen für Durchschnittsverdiener wird die Finanzierung schwierig. Ich glaube nicht, dass schnell gebaut wird.
Schmidt: Es wird sehr viel am Markt angeboten, das noch gar nicht im Bau ist und vielleicht überhaupt nie gebaut wird. Fertige Wohnungen gibt es wenige. Wir haben 2022 entschieden, mit Vollgas weiterzubauen, und haben statt zehn Projekten 25 Projekte gebaut. Die Wohnungen werden jetzt fertig. Das ist ein Vorteil, das Interesse ist groß. Weil Eigennutzer die Wohnung jetzt haben wollen und kein Baufeld, wo noch nicht einmal ein Bagger steht.
Wie ist die Lage bei Büro-, Hotel- oder Gewerbeimmobilien?
Schmidt: Hotel ist sicher ein gutes Segment, wir schauen uns das immer wieder an. Wir führen sogar selbst ein kleines Hotel. Die Renditen sind interessant, ich schließe nicht aus, dass wir uns in Zukunft in diesem Segment stärker engagieren. Aber nur in Wien, mit hoher Qualität und in guten Lagen.
Neumann: In guten Lagen, mit guten Pächtern und langfristigen Verträgen macht man als Investor keinen Fehler, wenn man sich im Hotelbereich engagiert.
Wie denken Sie über Mietkauf, Bauträgerdarlehen und Ähnliches?
Speiser: Als Projektentwickler ist es unsere Aufgabe, Wohnraum zu schaffen, wir bieten keine Finanzierungsmodelle an. Aber es gibt Unterstützung. Wir beraten unsere Interessenten über Finanzierungsmöglichkeiten auch über die Landesgrenze hinaus.
Schmidt: Deutsche Banken haben keine KIM-Verordnung und sind am österreichischen Markt sehr interessiert.
Neumann: Im Investmentbereich ist die Finanzierung ohnehin kein Thema. Für Durchschnittsverdiener ist Mietkauf relevant. Man verschiebt die Kaufentscheidung auf später und verliert kein Geld. Wenn die Wohnung gefällt und leistbar ist, wird man die Kaufoption ziehen. So gesehen ist Mietkauf ein Kaufanreiz und für Projektentwickler interessant.
Schmidt: Beim Mietkauf müssen zehn bis 20 Prozent angezahlt werden. Damit kann man meiner Meinung nach gleich richtig kaufen.
Wie ist die Nachfrage nach Bauherrenmodellen?
Bruckner: Der Einbruch war heftig, jetzt sollte die Talsohle erreicht sein. Wer in Mietwohnungen investieren will, hat abgesehen von Gebrauchtwohnungen nur zwei Alternativen: entweder Vorsorgewohnungen oder das Investment mit Steuervorteilen verbinden und das Bauherrenmodell wählen. Das wird umso interessanter, je niedriger das Zinsniveau ist.
Welche Renditen sind damit erzielbar?
Neumann: Das kommt auf das Rechenmodell an. Am Markt werden für das gleiche Produkt zwischen vier und acht Prozent angeboten. Die Höchstwerte halte ich für gewagt, inklusive steuerlichem Effekt sind fünf Prozent realistisch.
Schmidt: Bei einer vermieteten Eigentumswohnung sind aktuell 3,5 Prozent möglich. Wegen der Zinssenkungen und der KIM-Verordnung gab es Einbrüche in der Nachfrage, aber die Preise sind in Wien kaum gefallen. Im siebten und neunten Bezirk erzielen wir im Altbauregelgeschoss mit Spitzenqualität in Toplagen 12.000 Euro pro Quadratmeter. Diese Preise werden sogar noch steigen. Nicht nur wegen der Zinsen – sondern weil einfach viel zu wenig gebaut wird.
Schafft man bei 12.000 Euro pro Quadratmeter noch eine Rendite?
Schmidt: Unsere Kunden sind zu 95 Prozent Eigennutzer. Altbau ist ein Liebhaberobjekt: Man sucht die Lage, die Qualität, das Besondere. Das ist mit einem Neubau nicht vergleichbar. Das sind sehr gute Anlageprodukte, aber meist in schlechteren Lagen als der Altbau.
Fallen die Grundstückspreise?
Bruckner: In Graz blieben die Preise in den Inseraten stabil, als guter Verhandler schafft man fünf bis 15 Prozent Abschlag. Was niemand berücksichtigt, ist die Inflation. Tatsächlich haben die Preise real um 30 Prozent nachgegeben.
Speiser: Das Zinshaus bringt wieder eine gute Rendite, im hochpreisigen Segment bleibt es Liebhaberei. Bei Grundstücken ist es anders: Hier sind manche Liegenschaften seit zwei Jahren auf dem Markt, weil die notwendigen Preiskorrekturen noch nicht akzeptiert werden. Man ist mit Abschlägen von bis zu 50 Prozent konfrontiert. Ein nachhaltiges Preisniveau kann wieder in zwölf bis 18 Monaten erreicht werden.
Wird das ursprüngliche Niveau erreicht?
Speiser: Nein. Bei Grundstückspreisen ist diese nachhaltige Korrektur noch ausständig.
Schmidt: Es geht auch nicht anders: Die Baupreise sind gestiegen, die Finanzierungskosten höher, die Verwertungszeit ist länger. Wenn sich die Baupreise und Zinsen nicht bald einpendeln, wird nichts mehr gebaut werden.
Speiser: Dennoch entwickeln und realisieren wir aktuell mehr Projekte als je zuvor in unserer über 25-jährigen Unternehmensgeschichte. Für uns ist es ein wichtiger Beitrag zur Wirtschaft. Die Schaffung von neuem Lebensraum ist ein entscheidender Bestandteil unserer Unternehmensstrategie.
Kommen viele Immobilien von gescheiterten Bauträgern auf den Markt?
Neumann: Ja, vor allem von Privatpersonen, die das Zinsniveau nicht geschafft haben. Und von Spekulanten, die auf einen Abbruch-Neubau setzten. Nur ist Abbruch in Wien nicht mehr so einfach. Für uns sind solche Projekte interessant: Sie sind günstig, wir machen ein Bauherrenmodell und sanieren mit Förderung.
Schmidt: In guten Lagen ist das Angebot nicht so groß. Wir werden bis Jahresende 15 bis 20 Zinshäuser gekauft
haben, damit haben wir den Markt gut aufgesaugt. Zumindest jenen mit guten Preisen.
Neumann: Der Preisanstieg über die letzten Jahre war enorm. Jetzt gab es eine Korrektur, die aber im Vergleich zur möglichen Volatilität von Aktien gering ist.
Schmidt: Deshalb kaufen wir nach. Unser Portfolio war noch nie so schön wie jetzt. Wir kaufen fast nur mehr innerstädtisch ein. Und während der durchschnittliche Quadratmeterpreis unseres Portfolios in den letzten Jahren im Einkauf immer höher wurde, ist er jetzt sogar gefallen.
Neumann: Die Zinsen werden weiter fallen, die Immobilienpreise wieder ansteigen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, eine Immobilie zu kaufen.
Bruckner: Derzeit melden viele Immobilienfirmen Insolvenz an. Deshalb werden viele baugenehmigte Projekte angeboten, aber zu teuer. Wir haben uns in der Boomphase mit dem Einkauf von Liegenschaften zurückgehalten. Jetzt kaufen wir wieder ein, um für den Aufwärtstrend gewappnet zu sein.
Sind Wohnungen in Umlandgemeinden oder in großen Städten gefragt?
Speiser: Toplagen in den Großstädten bleiben werthaltig, es gibt attraktive Entwicklungsmöglichkeiten, in die wir investieren. Während Corona wurde die Sehnsucht nach Grünlagen größer, die Infrastruktur in den Umlandgemeinden hat sich stark verbessert, auch dort gibt es viel Potenzial für neue Projektentwicklungen.
Bruckner: Wir konzentrieren uns auf Graz, dort gibt es die besten Vermietungschancen. Wobei wir wegen der Wohnbauförderung sehr günstige Mietpreise anbieten müssen. In den ersten 15 Jahren sind die Mieten mit zwei Dritteln des Richtwerts gedeckelt.
Neumann: Die Vermietung ist dadurch kein Problem. Für den Investor rechnet es sich durch die Förderung und die AfA. Gleichzeitig wird leistbarer Wohnraum geschaffen. Das ist eine Win-win-Situation. Wichtig ist: Die Immobilie muss auch nach Ablauf der Deckelung noch vermietbar sein. Eigennutzer haben andere Lagepräferenzen als Mieter.
Der hohe Zuzug müsste eigentlich zu einer Verknappung von Wohnraum führen.
Schmidt: Davon gehen wir aus. Das passiert in ein bis zwei Jahren.
Bruckner: Es wie ein Pendel: Früher wurde zu viel gebaut, jetzt zu wenig. Der Immobilienmarkt ist träge, Baugenehmigungen brauchen viel Zeit, es dauert Jahre, bis der Bau wieder anziehen kann.
Wo kann man noch bauen?
Speiser: Wien hat noch viel Potenzial in der gezielten Nachverdichtung und in der Stadtentwicklung. Die neu gewidmeten Flächen sind auch leistbarer, weil sie gefördert sind und andere Modelle anbieten. Innerstädtisch gibt es im Bestand noch sehr viel Ausbaupotenzial. Ich sehe hierbei jedoch Probleme durch das Baurecht. Die behördlichen Auflagen, die Laufzeiten und die Risiken sind dadurch sehr hoch.
Schmidt: Die Baukosten beim Dachbodenausbau sind sehr hoch, es ist auch nicht einfach, Ausbaugenehmigungen zu bekommen. Das dauert immer länger. Aber wir brauchen neben der Nachverdichtung den Neubau. Es wird viel zu wenig umgewidmet. Potenzial ist da, aber es muss auch außerhalb der Flächenbezirke genutzt werden. Nicht jeder will im 22. Bezirk wohnen. Und man müsste die Nachverdichtung im innerstädtischen Bereich stärker fördern und die Bewilligungen beschleunigen. Wir warten teilweise zwei Jahre auf eine Baubewilligung. Man fordert leistbares Wohnen, aber je länger ein Projekt dauert, desto mehr kostet es, und die Baukosten steigen auch. Plötzlich rechnet sich das Projekt dann mit den kalkulierten Preisen nicht mehr – und wir müssen die Preise erhöhen.
Befürchten Sie, dass die Politik stärker in den Immobilienmarkt eingreifen wird?
Schmidt: Wir haben in Wien einen der niedrigsten Richtwerte. Deshalb vermieten wir kaum, sondern fokussieren uns auf Wohnungseigentum. Wenn man noch stärker reguliert oder den Neubau miteinbezieht, wird noch weniger gebaut und vermietet. Die Regulierung bringt nichts Gutes. Man sieht ja: Es gibt sehr wenige Wohnungen in guten Altbaulagen zur Miete. Das meiste wird verkauft oder leer gelassen, weil die Miete nichts bringt. Es sollte mehr gefördert und weniger verhindert werden.
Bruckner: Deregulierung wäre gut. Wenn wir weniger Zinsen zahlen, sind die Wohnungen billiger. Auch technische Auflagen sollten hinterfragt werden: Bei einer umfassenden Sanierung müssen wir den klimaaktiv-Silber-Standard einhalten, das kostet.
Ist nachhaltiges Bauen zu teuer?
Speiser: Die Standards, die wir im gehobenen Segment anbieten, kosten jedenfalls mehr. Aber sie sind auch bei Kunden sehr gefragt.
Schmidt: Im Zinshaus ist es schwieriger: Wo soll ich eine Wärmepumpe einbauen? Trotzdem ist es ökologischer als ein Neubau, weil es schon lange existiert. Und mit einer Sanierung kann man viel verbessern. Viel problematischer sind die Bauten aus den 50er- und 60er-Jahren.
Speiser: Es ist nachhaltig, wenn Bauträger und Projektentwickler ein Zinshaus kaufen und ganzheitlich revitalisieren.
Schmidt: Wir streben nach Gold-Standard, was im Zinshaus nicht einfach ist.
Bruckner: Der klimaaktiv-Gold-Standard ist für das Massensegment einfach nicht leistbar. Wenn Wohnen günstig sein soll, muss man auch bei den Standards Abstriche in Kauf nehmen. Ich bin sehr zufrieden, dass wir den klimaaktiv-Silber-Standard schaffen.
Schmidt: Mietern wird es egal sein, ob die Wohnung nach Silber- oder Gold-Standard zertifiziert ist. Eigentümer im gehobenen Segment sehen das anders. Weil es auch um die Betriebskosten geht.
Sind Ökostandards für Anleger wichtig?
Neumann: Teilweise. Es gibt Anleger, die schauen nur auf die Rendite – die mit den Kosten für den Gold-Standard sinkt. Aber wenn man das Objekt wieder verkaufen will, wird das ohne Zertifizierung sehr schwierig werden. Das muss aber erst ins Bewusstsein der Anleger sickern.
Schmidt: Auch Banken wünschen sich Zertifizierungen. Teilweise ist es Fonds oder Stiftungen schon verboten, in nicht zertifizierte Immobilien zu investieren.
Neumann: Nicht alle Anleger verstehen, dass Nachhaltigkeit Geld kostet und deshalb auch in Phasen sinkender Immobilienpreise die Kosten für Bauprojekte steigen. Aber es ist gut investiertes Geld.
Speiser: Ich sehe es als unsere Aufgabe, die Vorteile nachhaltiger Systeme und klimafreundlicher Bauten zu erklären. Das beste Argument sind die langfristigen Einsparungen bei den Energiekosten und die Wertsteigerung.
Wie kann man Wohnen für die breite Masse billiger machen?
Schmidt: Im Zinshausbereich gibt es keinen Spielraum. Im Neubau könnte sich der billigere Modulbau durchsetzen.
Bruckner: Wird mehr Nachverdichtung erlaubt, werden Gebäude höher und der Bau effizienter. Es wird auch viel geforscht, es gibt neue Materialien und in Fabriken vorgefertigte Module. Da wird sich noch viel tun. Die Frage ist, was der Markt davon annimmt.
Neumann: Für die Investoren bringen niedrigere Baukosten höhere Renditen. Es muss Lösungen für jene geben, die sich keine teuren Wohnungen leisten können.
Schmidt: Wir sind im internationalen Vergleich noch immer günstig. Preissteigerungen gab es in allen Lebensbereichen, nicht nur bei Wohnungen, sondern auch bei Lebensmitteln usw.
Bruckner: Es gibt viele Stellschrauben: Das beginnt bei kürzeren Genehmigungsverfahren sowie höherer Dichte und reicht bis zu neuen Materialien.
Weihnachten steht vor der Tür. Welche Wünsche haben Sie an die neue Regierung?
Schmidt: KIM-Verordnung weg und schnellere Baugenehmigungen.
Speiser: Wir wollen und können bauen. Klare Rahmenbedingungen, dann kommt auch das Vertrauen in den Wohnbau zurück.
Bruckner: Die angekündigten Förderungen sollten rasch umgesetzt werden. Das würde den Markt stärken.
Neumann: Ich wünsche mir mehr Entscheidungsfreude. Und die Erkenntnis, dass Investoren in Bauherrenmodellen einen erheblichen Beitrag zur Erzeugung von leistbarem Wohnraum schaffen. Fördersysteme in Kombination mit Bauherrenmodellen ergeben eine dreifache Win-Situation: für den Investor, für den Mieter und für den Staat. Herzlichen Dank für die rege Diskussion.