Luxusindex – Der edle Ritter

Ausgewählte Beiträge

Die Hüter von feinen Immobilien und rarem Luxus

Das Unternehmen Knight Frank ist mehrfach spektakulär: einerseits mit seinem Immobilienangebot, das sich am obersten Rand der Extraklasse bewegt und zu dem einst auch Stonehenge gehörte. Und andererseits mit seinen Wealth Reports, die die Preisentwicklung von Luxusgütern indizieren.
Text: Paul Billisich

Knight Frank ist ein klingender Name in der Beratung von wohlhabenden, sehr wohlhabenden und äußerst wohlhabenden Menschen. Die Londoner Firma ist auf Immobiliendeals spezialisiert, hat mehr als 20.000 Personen im Netzwerk und ist in rund 600 Büros in 50 Ländern weltweit tätig. So auch in Wien. Typische Immobilien, die Knight Frank hierzulande vermittelt, wären etwa ein 367-Quadratmeter-Penthouse im Palais Herzfeld in der Nähe der Wiener Staatsoper um 16 Millionen Euro oder Appartements mit sieben Metern Raumhöhe am Börseplatz im seinerzeitigen Telegrafendirektionsgebäude um knapp drei bis 11,5 Millionen Euro. Laut eigenen Angaben ist Knight Frank der weltweit größte im Privatbesitz stehende Immobilienconsulter – Eigentümer sind heute knapp 80 „Proprietary Members“.

Bekannt wurde Knight Frank aber auch durch seine diversen Reports und Indices. Besonders beachtet wird der „Wealth Report“. Dieser ist interessanter Lesestoff. Auch wegen der allgemeinen Aussagen zur wirtschaftlichen Entwicklung aus der Sicht von UHNWIs, also Ultra-High-Net-Worth Individuals, wie äußerst wohlhabende Personen, deren Assets einen Wert von mindestens 30 Millionen Dollar haben, genannt werden. Deren Zahl stieg laut Knight Frank weltweit von 601.000 im Jahr 2022 auf 626.000 im Vorjahr. Bis 2028 sollen es mehr als 800.000 sein, schätzen die Experten die Erweiterung ihres potenziellen Kundenstocks.

Im Speziellen aber blättert der Connaisseur im Wealth Report 2024 auf die Seite 62 (oder man scrollt, der Bericht ist im Netz frei zugänglich): zum Knight Frank Luxury Investment Index. Nach einem Foto eines Ferrari 330 LM/250 GTO aus 1962, der im Vorjahr zum Preis von knapp 52 Millionen Dollar von RM Sotheby’s auktioniert wurde, widmet sich Knight Frank den Preisentwicklungen folgender Luxusgüter: Kunst, Juwelen, Uhren, Münzen, Diamanten, Wein, Möbel, Handtaschen, Autos und – Whisky. Die Statistiken sind spannend: So erfährt man, dass der Käufer mit jenen 2,7 Millionen Dollar, die er für eine Flasche „The Macallan Adami“, abgefüllt im Jahr 1926, bezahlt hat, auch 88 Quadratmeter einer Londoner Luxusimmobilie erwerben hätte können. Für oben genannten Ferrari wären es knapp 1.700 Quadratmeter gewesen.

Ausreißer verdecken Rückgänge

Insgesamt, so die Luxusgüterexperten, hätten die Auktionshäuser zwar spektakuläre Rekordpreise für Autos (im oben genannten Fall: für Ferraris, nicht für Autos insgesamt), Gemälde, Whisky bis hin zum teuersten Schwert aller Zeiten verlauten können. Der Markt als Gesamter sei aber rückläufig gewesen, was in den vergangenen zwei Jahrzehnten überhaupt nur zweimal vorgekommen wäre. Whisky führt dabei den Losers’ Club an, mit minus neun Prozent. Allerdings ist Whisky im Zehnjahresvergleich allen anderen überlegen. Preise für rare Flaschen bestimmter Destillerien haben um von anderen Luxusgütern unerreichte 280 Prozent zugelegt. Im Jahrzehntranking folgen Wein (146 Prozent), Uhren (138 Prozent) und Kunst (105 Prozent).

Feine Klinge

Das seit 2023 teuerste Schwert der Welt ist übrigens Tipu Sultans sagenhafte Klinge mit goldenem Griff im indischen Koftgari-Stil um 14 Millionen Pfund Sterling. Der „Tiger von Mysore“ galt zwar als besonders gefährlicher Gegner der Briten in den indischen Kolonialkriegen des 18. Jahrhunderts, das teure Schwert hatte aber immer nur in seinem Schlafzimmer gehangen. Und: Das teuerste Auto aller Zeiten ist einer von zwei existierenden 1955er-300-SLR-Mercedes-Benz-Uhlenhaut-Coupés, vom Hersteller im Jahr 2022 um 135 Millionen Euro geheim auktioniert, gerüchteweise an ein UUUHWNI aus England. Nicht zuletzt deswegen war der Classic-Car-Markt vor zwei Jahren noch um 25 Prozent im Plus, im Vorjahr betrug der Rückgang sechs Prozent.

Die Geschichte vom Ritter Franz

Wer beim Markennamen Knight Frank an einen Ritter Franz in Rüstung denkt – nun, der liegt gar nicht so falsch. Wurde doch einer der Gründer der Londoner Nobelimmobilien-Beratungsfirma, Howard George Frank, ein Londoner Estate Agent, tatsächlich von George V., dem König von England, „knighted“, also zum Ritter geschlagen, wie die „London Gazette“ vom 24. Februar 1914 vermeldete. Nach dem Krieg wurde Frank gar zum „Baronet“, also zu einem Träger eines erblichen niedrigen britischen Adelstitels, der mit „Sir“ anzureden ist.

Diese Ritterei ist aber nicht der eigentliche Grund, warum die Agentur, an der er ­beteiligt war, Knight Frank & Rutley hieß. Denn der gute Mann, dessen Vater Frederick ein Anwesen in der Grafschaft Kent sein Eigen nannte, gründete die Firma im Jahre 1896 als 25-Jähriger, gemeinsam mit John Knight und William Rutley. Erst im Jahr 1996 wird der Name Rutley aus dem Firmenbuch getilgt, um die Marke besser international etablieren zu können. Im Laufe der Jahrzehnte war Knight Frank an einigen spektakulären Immobiliendeals beteiligt – unter anderem 1915 an der Ersteigerung von Stonehenge westlich von London durch den aus einfachen Verhältnissen stammenden, aber reich gewordenen Rechtsanwalt Cecil Chubb, der das prähistorische Monument seiner Frau Mary schenkte. Sie mochte den Steinhaufen nicht und vermachte ihn 1918 „der Nation“. Der Deal, so wird bis heute vermutet, verhinderte, dass Stonehenge nach dem Tod des letzten Erben an einen reichen Amerikaner verkauft worden wäre, der das Denkmal in Salisbury abtragen und in den USA wieder aufbauen hätte wollen. Chubb wurde jedenfalls 1919 auch zum Ritter (First Baronet of Stonehenge) geschlagen. Die BBC nannte ihn in einer Dokumentation „the man who bought Stonehenge – and then gave it away“.

Die Geschichte von Sir Howard Frank nahm nach dem spektakulären Stonehenge-Deal noch eine weitere, für britische Verhältnisse nicht untypische Wendung: Knapp 50 Jahre alt, verliebte er sich Anfang der 1920er-Jahre in seine Sekretärin. Nancy Muriel „Nan“ Brooks, fünf Jahre jünger als Franks Tochter Mary aus erster Ehe, ehelichte ihren Chef 1922, als sie 19 Jahre alt war. Das Paar bekam zwei Söhne. Dann findet sich der Name Howard Frank plötzlich in der Biografie des neuseeländischen Fliegerhelden Arthur Coningham wieder, der im Zweiten Weltkrieg für die Royal Air Force Einsätze flog und 1945, erraten, ebenfalls zum Ritter geschlagen wurde. In dessen Biografie aus dem Jahr 1990 wird erwähnt, dass Nan Brooks ab 1926 „die Liebe seines Lebens“ gewesen sei. Man erfährt auch, dass Frank, dessen Firma eine der größten Immobilienplayer weltweit gewesen sei, „einige Jachten“ besessen habe, mit denen er an Rennen in Südengland teilgenommen hätte. Coningham, mittlerweile RAF Squadron Leader in England, sei einige Male als „Team Member“ mitgesegelt. Die heimliche Liebe von Nan und Arthur war vor dem Auffliegen, als Howard Frank 1932 einem Herzinfarkt in seinem Stadthaus in Chelsea erlag. Kurze Zeit später heiratete Nan den Fliegerhelden und blieb mit ihm zusammen, bis dieser 1947 mit einem Flugzeug im Bermudadreieck bis heute ungeklärt auf immer verschwand.