Johannes Schneider (c) PwC Österreich
Johannes Schneider (c) PwC Österreich

Trotz Energiekrise: Batteriebetriebene E-Fahrzeuge auf Wachstumskurs

Österreich weist 2022 einen moderaten Zuwachs an vollelektrischen Fahrzeugen (BEVs) von 2,4% im Vergleich zum Vorjahr auf. Der globale Absatz an BEVs wuchs 2022 um 70% im Vergleich zu 2021 – die USA verzeichneten das größte Wachstum, gefolgt von China. Elektrofahrzeuge schlagen Verbrenner im Hinblick auf die Gesamtkosten selbst bei den aktuellen Strompreisen. Durch geopolitische Spannungen wächst der Druck auf europäische OEMs, eigene Batterieproduktionen in Europa aufzubauen

Der globale Markt für Elektroautos wächst mit hohem Tempo, allerdings hat sich das Wachstum im letzten Quartal des Jahres 2022 etwas abgeschwächt. Das zeigen die Ergebnisse des aktuellen „Electric Vehicle Sales Review“ von PwC Autofacts® und Strategy&, der Strategieberatung von PwC, in dem die Neuzulassungszahlen in weltweit 14 ausgewählten Märkten ausgewertet werden. Während im dritten Quartal 2022 weltweit 74,7% mehr reinelektrische Fahrzeuge (Battery Electric Vehicle – BEV) zugelassen worden waren als im Vorjahreszeitraum, lag das Wachstum im vierten Quartal bei nur noch 55,6%. Grund dafür waren vor allem ein deutlicher Dämpfer in China sowie geringere Absätze in den USA. Insgesamt hält der Wandel zu E-Mobilität trotz hoher Energiepreise ungebremst an. Im vergangenen Jahr wurden weltweit 70% mehr BEVs verkauft als noch 2021. In Europa lag das Plus bei rund 27,6%, in China bei 84,5%, in den USA sogar bei 87,6%. Angetrieben von massiven OEM-Investitionen in neue Modelle, sinnvollen staatlichen Anreizen und einer sich allmählich verbessernden Ladeinfrastruktur, wurde der BEV-Markt in den USA 2022 schließlich zum Leben erweckt, nachdem er zuvor hinter der Entwicklung in China und weiten Teilen Europas zurückgeblieben zu sein schien. 

Vollelektrische Fahrzeuge in Österreich als Wachstumstreiber 

Österreich verzeichnete 2022 mit insgesamt 34.165 verkauften reinelektrischen Fahrzeugen einen Zuwachs von 2,4% im Vergleich zum Vorjahr. BEVs sind am heimischen E-Automarkt nach wie vor ein Wachstumstreiber – und kamen 2022 auf einen Marktanteil von 15,9%. Der Vollhybrid war im Vorjahr mit einem Marktanteil von 19% zwar immer noch der beliebteste E-Antrieb in Österreich, weist aber einen Rückgang bei den Verkaufszahlen von 2,6% im Vergleich zu 2021 auf. Die Anzahl der neuzugelassenen Plug-in-hybriden Fahrzeuge ist 2022 sogar um 9,3% gesunken – ihr Marktanteil war mit 6,2% somit am kleinsten. Der gesamte Marktanteil von E-Fahrzeugen (BEV, Hybrid und Plug-in-Hybrid) lag 2022 mit 88.291 verkauften Autos hierzulande bei 41,1%, was einen leichten Rückgang von 1,9% im Vergleich zu 2021 darstellt.

„Wir beobachten derzeit, wie die Transformation der Mobilität das nächste Level erreicht und erwachsen wird. Trotz hoher Energiepreise bleiben in Österreich das Tempo des Wandels und die Elektromobilität auf Kurs. In Ländern wie Deutschland, China oder Frankreich schreitet dieser Wachstumskurs sogar noch schneller voran, obwohl Förderprämien zunehmend sinken oder auslaufen“, erklärt Johannes Schneider, Partner bei Strategy& Österreich. „Die Dauerhaftigkeit des Wandels zeigt sich zum Beispiel daran, dass Elektrofahrzeuge herkömmliche Verbrenner selbst bei den aktuellen Energiepreisen in den Gesamtkosten schlagen. Außerdem haben die Verbraucher die Vorteile der Elektroautos inzwischen so verinnerlicht, dass sie in Zukunft vielfach auch ohne Kaufanreize zu E-Autos greifen werden.“ 

E-Mobilität lohnt sich selbst bei hohen Strompreisen

Dass sich BEVs unterm Strich auch bei den derzeit hohen Strompreisen lohnen, zeigt eine aktuelle Analyse von Strategy&. Die Gesamtkosten (Total Cost of Ownership – TCO) für einen elektrischen Opel Corsa mit Vollausstattung belaufen sich demnach beim Kauf in diesem Jahr und gerechnet auf 48 Monate Laufzeit auf knapp 26.000 Euro. Ein vergleichbares Modell mit Verbrenner schlägt dagegen mit fast 29.000 Euro zu Buche. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die aktuelle Prognose „Ladestrom für Automobile“ von PwC Deutschland. Sie taxiert die durchschnittlichen Ladestromkosten von vier Fahrzeugnutzergruppen auf aktuell 75 bis 109 Euro pro Monat– vorausgesetzt, die optimalen Ladetarife werden genutzt. Dagegen betragen die Energiekosten eines durchschnittlichen Verbrenners im Schnitt 166 Euro – bzw. 126 Euro bei sparsamen Neuwagen. 

Hersteller dürfen zukünftige Wertschöpfung nicht aus der Hand geben

Obwohl die hohen Energiepreise somit kaum Einfluss auf den Wandel der Branche ausüben, bleiben viele geopolitischen Risiken durch den Krieg in der Ukraine bestehen. „Um in dieser neuen Realität zu bestehen, müssen die europäischen OEMs ihre Wertschöpfungskette ausbauen – und dabei vor allem die Entwicklung und Fertigung von Batterien sowie die Gewinnung der dafür notwendigen Rohstoffe in Europa vorantreiben“, sagt Günther Reiter, Automotive Leader bei PwC Österreich. „Wer in Zukunft eine ‚Licence to operate‘ behalten will, muss sich mehr und tiefer engagieren als einfach nur Batteriezellen von Zellhersteller zu kaufen und diese in das eigene Fahrzeug zu integrieren. Die europäischen OEMs sollten gerade jetzt der Versuchung widerstehen, die Zellen nur zu spezifizieren, sondern sollten stattdessen mit voller Kraft eigene Lösungen und Innovationen vorantreiben, um weiterhin wettbewerbsfähig und unabhängig am Markt auftreten zu können. Dies umfasst hinsichtlich Liefer- und Preissicherheiten bei den Batteriezellen auch eine eigene Positionierung in der Wertschöpfungskette, besonders im Bereich ‚Mining and Refining‘, wenn möglich im europäischen Umfeld.“

Die vollständigen Ergebnisse des „Electric Vehicle Sales Review Q4 2022“ erhalten Sie auf Anfrage unter: https://www.strategyand.pwc.com/de/en/electric-vehicle-sales-review-2022-q4.html