(c) Zürcher Kantonalbank Österreich AG
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Positionierung nach Banken-Paukenschlag: Defensiv, aber nicht ängstlich

Die Schieflage der Credit Suisse war ein Paukenschlag für die Branche. Auch die Zürcher Kantonalbank Österreich AG hat viele Reaktionen dazu erhalten. Erfreulicherweise konnte die Privatbank ihre Kunden umgehend beruhigen, da sie in ihrem Portfolio weder Aktien noch nachrangige Anleihen der Credit Suisse hielt. Dennoch ist die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema wichtig. Chief Investment Officer Christian Nemeth analysiert im aktuellen Podcast die jüngsten Verwerfungen am Bankensektor und schätzt deren wirtschaftliche Tragweite ein. Lesen Sie hier seine wichtigsten Aussagen.

Christian Nemeth über den speziellen Fall der SVB:

„Die SVB (Silicon Valley Bank) war das erste Stück in dem Puzzle. Man muss sagen, dass es sich um ein Spezialinstitut gehandelt hat, das sich sehr auf die Finanzierung und Servicedienstleistungen – vor allem auf den Technologie- und Start-up-Bereich – konzentriert hat. Es ist keine kleine Bank, sondern ein mittelgroßes Institut gewesen und ihr Konkurs hat vor allem in der Startup-Szene für Unsicherheit gesorgt, weil man nicht weiß, wer mitbetroffen und vielleicht mitgezogen wird, wenn Kapitalströme plötzlich versiegen. Gerade im Startup-Finanzierungsbereich geht es dann doch um kurzfristige Entscheidungen.

Sicherlich hat es hier auch Probleme im Risikomanagement gegeben. Viele Banken betreiben das, was man im Fachjargon als Fristentransformation bezeichnet. Das heißt man nimmt kurzfristig Gelder hinein und legt diese langfristig an, etwa in sehr sichere hochliquide Staatsanleihen. Wenn ich zur Unzeit gezwungen bin, Anleihen zu verkaufen, etwa weil es durch die Marktentwicklung zu größeren Abflüssen von Kunden kommt, dann geht sich das finanziell nicht mehr aus, auch wenn sich die Anleihen langfristig aufgrund des Zinseszinseffektes und der laufenden Rendite wieder erholen. Die amerikanische Notenbank hat sehr beherzt eingegriffen und relativ rasch und effektiv für Sicherheit und Stabilität gesorgt.“

Christian Nemeth über die Credit Suisse:

„Die Causa Credit Suisse ist eine andere Dimension. Es ist natürlich schade, wenn es ein solches traditionsreiches Institut und eine der 30 global systemrelevanten Banken nicht mehr da ist. Über die Credit Suisse ist schon viel gesagt worden. Ich will in diesem Zusammenhang besonders die Additional Tier-1- Anleihen, die sogenannten Co-Co-Bonds, hervorheben. Wenn ich in eine Anleihe investiere, stehe ich auf der einen Seite der Bilanz. Ich gebe der Bank Fremdkapital und bin Kreditgeber. Ich habe in der Regel Sicherheiten dafür, die Assets der Bank. Das sind in diesem Fall vor allem die Senior Bonds, die in puncto Kreditstruktur sichersten Anleihen. Dann gibt es Unterkategorien, das geht bis zu Anleihen, die im Extremfall als Eigenmittelersatz herangezogen werden können, die Co-Co-Bonds. Davon waren 16 Milliarden Schweizer Franken im Umlauf. Prinzipiell ist es nicht verwunderlich, dass diese für wertlos erklärt wurden. Was spannend ist: An und für sich hätte hinsichtlich Kapitalstruktur vorher das komplette Eigenkapital – das risikoreichste, wenn auch dank Gewinnbeteiligung chancenreichste Element – abgeschrieben werden müssen. In diesem Fall sind die AT1-Anleihen komplett ausgefallen, während es aus Sicht der Eigenkapitalgeber auf sehr bescheidenem Niveau, aber im Zuge der Übernahme durch die UBS trotzdem zu einer Umwandlung in UBS-Aktien gekommen ist. Das hat für Unsicherheit und eine große Debatte gesorgt. Einige Investoren, das sind hauptsächlich Fonds wie etwa Pensionsfonds, haben überlegt, juristische Schritte zu setzen, auch wenn manche schon zurückgerudert sind.“

Christian Nemeth über die gesamtwirtschaftliche Tragweite:

„Es ist keine Bankenkrise im größeren Sinne. Die Kapitalbasis ist eine ganz andere als 2008, dasselbe trifft auf das wirtschaftliche Umfeld zu. Trotzdem herrscht Unsicherheit, und im Moment wird darüber diskutiert, was das für die Notenbankpolitik bedeutet. Die Inflation hält an und geht nicht so schnell zurück, wie sich viele wünschen, gerade in der Eurozone und in Amerika. Es gibt im Englischen das Wort „Sticky Inflation“, sie klebt wie Reis.

Die Inflation wird zurückgehen, aber es dauert. Die Notenbanken sind schon noch gezwungen, weiter an der Zinsschraube zu drehen. Unser Szenario lautet, dass der Zinshöhepunkt wirklich sehr nahe bevorsteht, dass die Amerikaner noch einen Schritt von 25 Basispunkten machen, auch die EZB noch einen Zinsschritt vornimmt, es dann aber schön langsam aus ist. Wir haben im März einige Entscheidungen wie der EZB, der FED, der Bank of England und der Schweizerischen Nationalbank SNB beobachtet. Sie haben alle klar gesagt: Die Banken sind im Moment stabil, sie würden im Notfall eingreifen. Das haben sie auch schon, denn die SNB hat interveniert und den Deal mit der UBS stark vorangetrieben. Die US-Notenbank hat bei der SVB auch Maßnahmen gesetzt. Gleichzeitig lautet das Postulat: Die Inflation ist zu hoch. Hier kann man auch von einem Zusammenhang sprechen. Die SVB ist ja auch deshalb in Schwierigkeiten geraten, weil man die Anleihen verkaufen musste. Man kann als Notenbankmitglied nicht sagen: Wir erhöhen die Zinsen und gleichzeitig hat das keine Auswirkungen auf Banken, das wäre naiv.

Es ist schon spannend, dass der Markt wahnsinnig schnell unter der Oberfläche neue Szenarien einpreist. Derzeit ist die Volatilität schon allein im Anleihensegment extrem hoch. Defensiv zu bleiben ist daher nach wie vor gut, ängstlich werden sollte man aber nicht. Es gibt nach wie vor zahlreiche positive Nachrichten, was etwa die Wirtschaftsdaten betrifft. Es gibt schon jetzt gute Gelegenheiten und auf die Sicht von sechs bis zwölf Monaten bin ich positiv eingestellt. In der Zwischenzeit bleibt es spannend.“

Die gesamte Episode können Sie auf der offiziellen Website, via Audio-Streaming-Dienst Spotify sowie Apple Podcast abrufen.