assets magazin: Momberg

Klimawandel im Anlage-Portfolio

In der Börsengeschichte gab und gibt es immer wieder „Jahrhundertkrisen“, allein fünf seit der Jahrtausendwende: vom Platzen der Internetblase über die Finanzmarkt- und Eurokrise bis zur Pandemie, dem Klimawandel und dem Russland-Ukraine-Krieg dieser Tage. Die Erfahrung zeigt: Eine robuste Geldanlage ist trotz allem auch in unsicheren Zeiten möglich, wenn sie anpassungsfähig bleibt. Dafür eignet sich eine flexible Mischung unterschiedlicher Anlagesegmente („Multi Asset“). Zudem braucht es einen langen Atem, eine ruhige Hand und Vertrauen in die Innovationskraft von Unternehmen und Menschen. 

Klimawandel: Faktoren für ein Multi-Asset-Portfolio
Im Hinblick auf den Klimawandel sind für ein Multi-Asset-Portfolio unter anderem vier Faktoren zu beachten. Erstens beeinflusst der Klimawandel viele wirtschaftliche Bereiche und Börsensegmente zugleich. Einige wie die Wasserstoff- oder Solarindustrie sind offensichtlich, andere wie etwa Staatsanleihen weniger. Die notwendigen hohen Investitionen, etwa in den Umbau der Energieinfrastruktur, aber auch mögliche Schäden durch den Klimawandel werden in erheblichem Umfang durch Staaten abgedeckt werden müssen. Dies führt zu einem strukturell höheren Angebot an Anleihen und dürfte aus Sicht der Marktteilnehmerinnen und -teilnehmer zu höheren Zinsen und Risikoaufschlägen für Staatsanleihen führen. Dennoch spielen sie in einem Multi-Asset-Portfolio weiterhin eine wichtige Rolle als Anker in Phasen großer Unsicherheit. Aus der sich abzeichnenden langfristigen Zinswende folgt auch, dass Themen wie Durationssteuerung wieder stärker in den Vordergrund rücken dürften, also zum Beispiel der Wechsel von lang laufenden Papieren in kürzer laufende Papiere. Im Niedrigzinsumfeld der vergangenen Jahre war dies von untergeordneter Bedeutung.   

Zweitens führt der Klimawandel in der Wirtschaft zu neuen Gewinnern und Verlierern. Dazu können ganze Industriezweige gehören, oder es verändern sich die Gewichte innerhalb der Branchen. Klima-Fitness ist ein neuer Wettbewerbsfaktor, Themen-Investments gewinnen an Bedeutung. Dabei spielen auch psychologische Faktoren – wie so oft bei der Geldanlage – eine Rolle. Auch hier gilt, ähnlich wie bei den regelmäßig auftretenden „Jahrhundertkrisen“, dass nicht jede Bewegung gleich einen neuen „Megatrend“ darstellt, und es kommt auch zu Übertreibungen. Hier kommt es darauf an, die Spreu vom Weizen zu trennen, denn historisch betrachtet überleben langfristig nur rund 10 bis 20 % aller Themenfonds über einen Zeitraum von 10 Jahren. 

Drittens dürften neue Technologien bei der Bewältigung des Klimawandels eine sehr wichtige Rolle spielen. Ein Beispiel ist die Ernährungs- und Landwirtschaft, die zum Beispiel durch Wetterextreme voraussichtlich stärker belastet wird. Spezialisierte Technologie-Unternehmen können mit dazu beitragen, die Landwirtschaft effizienter und ressourcenschonender zu gestalten. So können auch in Zukunft die Versorgungssicherheit und die Erträge gesteigert werden, ohne dass im Gegenzug die Preise für die Endverbraucher deutlich steigen müssen. Weiterhin gibt es in diesen Bereichen auch interessante Ansätze wie nachhaltige Seefischzucht im Inland oder hochwertige Nahrungsmittel, die auf Basis von Algen oder Insektenproteinen hergestellt werden und einen Bruchteil der Ressourcen verbrauchen. 

Viertens dürfte auch die wachsende Gesundheitsbranche durch den Klimawandel noch stärker in den Fokus rücken. Auch hier werden große Investitionen in Digitalisierung und Technologien notwendig sein. Zum einen, um sich auf die Klimafolgen wie etwa die Ausbreitung neuer Krankheiten vorzubereiten, zum anderen, um selbst Kosten und Emissionen zu senken. Dazu gehören u. a. effizientere Prozesse, auch vor dem Hintergrund des Krisenmanagements. Die Pandemie hat gezeigt, wie sehr Entscheidungen und Maßnahmen aufgrund mangelnder Digitalisierung erschwert wurden. 

Wandlungsfähig bleiben durch aktives Multi-Asset-Management 
Weiterhin ist offensichtlich, dass weder Politik noch Unternehmen allein in der Lage sind, große Herausforderungen zu meistern, und zu viele politische Eingriffe schädlich sind. Ohne Genforschung wäre die schnelle Impfstoffentwicklung nicht möglich gewesen, auch den vorzeitigen Ausstieg aus der Atomkraft bezahlt Deutschland gerade sehr teuer. 

Ähnlich ist es mit dogmatischen Diskussionen über aktives gegen passives Investieren. So verstärken passive ETFs, die marktkapitalisierte Indizes abbilden, die Konzentration von Kapital bei wenigen dominanten Unternehmen. Aktive Manager können flexibler agieren, und damit erhalten auch kleine innovative Unternehmen bessere Chancen, um an Kapital zu kommen. Und selbst, wenn aktive Manager manchmal eine geringere Rendite erzielen, ist es gesamtgesellschaftlich dennoch wünschenswert, dass sich die Unternehmenslandschaft immer wieder erneuert und aktive Manager dazu beitragen, auch Missstände, wie zum Beispiel im Fall Wirecard, aufzudecken. Denn auch das zahlt auf die Resilienz und Anpassung des Gesamtsystems an die Umwelt ein. 

Die Megatrends Gesundheit, Klima-/Umweltschutz und Technologie können also, besonders, wenn sie breit gedacht und flexibel kombiniert werden, drei starke Elemente eines krisenfesten Multi-Asset-Portfolios bilden. Doch die Chancen und Folgen des Klimawandels reichen weit über diese drei Themen hinaus. Ihre vielfältigen Wechselwirkungen sind daher stets mit zu berücksichtigen, so dass auch in Zukunft immer wieder Anpassungen erfolgen werden. 

Auswahl und Mischung – eine Herausforderung
Eine weitere Herausforderung ist die Auswahl und Mischung von besonders geeigneten Fonds. Ein 
verengter Fokus auf die vergangene Wertentwicklung und den „besten“ Fonds kann im Portfolio für blinde Flecken sorgen. Ähnlich wie in der Natur ist es oftmals wichtiger, sich langfristig möglichst resilient aufzustellen. Der höchste Baum im Wald wird eher vom Blitz getroffen, der am Rand vielleicht vom Sturm gefällt. Ein solides Basis-Investment sollte sich daher langfristig und in verschiedenen Phasen bewähren. Das gelingt am besten durch einen gesunden Mischwald, um bei der Analogie zu bleiben. Damit ergeben sich die besten Chancen auf ein solides Ergebnis in unterschiedlichsten Szenarien.
Marc Momberg ist Leiter Portfoliomanagement der Apo Asset Management GmbH (apoAsset). Das britische Fachmagazin Citywire kürte ihn 2022 zum 5. Mal in Folge europaweit zu den 100 renommiertesten Fondsselektoren. Er verantwortet u.a. die Multi-Asset-Dachfonds apo Piano INKA, apo Mezzo INKA und apo Forte INKA. Darüber hinaus verfügt er über einen Abschluss als Diplom-Wirtschaftsjurist (FH) und ist Hauptmann der Reserve der Bundeswehr.