assets Magazin: Christian Nemeth

Aktienwetter 2022: viele Sonnenstunden zu erwarten, den Regenschirm trotzdem nicht vergessen

2021 war aus Sicht der Aktienanleger ein boomendes Jahr. Nun geht es nicht haargenau im selben Stil weiter: „Wir beobachten ein sich allmählich verlangsamendes Wirtschaftswachstum. Wichtig ist jedoch, dass dieses noch immer als überdurchschnittlich hoch einzustufen ist. Wie der Jahresanfang 2022 schon gezeigt hat, wird es vermehrt volatile Phasen geben, die kurzfristig die Nerven der Anleger auf die Probe stellen“, erklärt Christian Nemeth. Einige der unliebsamen Begleiterscheinungen der rasanten Erholung in Folge der Pandemie, wie Engpässe bei Materialien und Grundstoffen sowie hohe Logistikkosten, mildern sich bereits ab, während andere, wie etwa Arbeitskräftemangel, die Volkswirtschaften noch weiterhin beschäftigen (siehe Grafik 1). „Die sanfte Abbremsung des Wirtschaftswachstums ist gesund und skizziert den Weg in Richtung Normalisierung, nach der sich die Menschen auf mehreren Ebenen sehnen“, so Nemeth.

Aktien haben keine Angst vor gemäßigter, temporärer Inflation

Die rasche Erholung und der auf Hochtouren laufende Wirtschaftsmotor mit einer Nachfrage, die aufgrund der Engpässe nur schwer befriedigt werden konnte, haben die Inflation zuletzt angeheizt. Vor allem die Energiepreise haben sich hier als wesentlicher Faktor herauskristallisiert. „Wir sehen jedoch keine strukturell höhere Inflation, sondern diese wird sich, wenn auch nicht über Nacht, wieder in Richtung des Inflationsziels der Notenbanken von rund zwei Prozent bewegen“, unterstreicht Nemeth (siehe Grafik 2). Die zuletzt verzeichneten Preissteigerungen stellen aus Aktiensicht derzeit kein allzu großes Risiko dar. Eine Betrachtung der Zahlen von 1969 bis heute zeigt auf, dass Aktien keine Angst vor moderater Inflation haben. Bis auf wenige Ausnahmefälle lagen die durchschnittlichen Jahreserträge wesentlicher Aktienindizes in US-Inflationsphasen im positiven Bereich (siehe Grafik 3). „Aktien funktionieren also im derzeitigen Umfeld als Schutz gegen Inflation, so lange diese nicht komplett aus dem Ruder läuft, was nicht zu erwarten ist“, sagt Nemeth.

Aktien fürchten auch Zinsschritte nicht

In den USA und in Großbritannien ist die Inflation derzeit zumindest so hoch, dass die Notenbanken Maßnahmen ergreifen. Daher steht dort eine Zinsnormalisierung bereits unmittelbar bevor bzw. wurde bereits eingeleitet. Die US-amerikanische Fed wird hier die Richtung vorgeben und versuchen, im Jahr 2022 gleich vier Zinsschritte unterzubringen. In Europa wird die Europäische Zentralbank abwartender reagieren als ihr Notenbank-Pendant in Übersee. US-Aktieninvestments bleiben Nemeth zufolge trotz der Zinserhöhungen unverändert attraktiv: „Eine unberechtigterweise oft für bare Münze genommene Regel lautet, dass die Aktienkurse fallen, sobald die Zinsen steigen. Wir sitzen jedoch nicht in diesem Boot: Denn solange Unternehmen die Zinssteigerungen mit Gewinnen abfedern können – und das ist in einer Phase des noch immer kräftigen Wirtschaftswachstums absolut gegeben –, herrscht ein vorteilhafter Fahrtwind für Aktienanleger.“

Stars and Stripes: US-Aktien weiterhin gefragt

Basierend auf diesen Annahmen ist die Zürcher Kantonalbank Österreich AG bei Aktien übergewichtet. „Wir bevorzugen vor allem Industrienationen und setzen den Fokus auf die USA. In Europa haben wir auch ein größeres Exposure, während wir in der Region Asien und Pazifik weniger stark investiert sind“, erklärt Nemeth. Staatsanleihen kommt vor allem die Funktion als abdämpfendes und risikominderndes Element zu, indem interessante Unternehmenstitel bzw. Anleihen von Schwellenländern oder aus dem High-Yield-Bereich beigemischt werden. Aus einer reinen Ertragsperspektive sehen die Chancen für Anleiheinvestoren für das laufende Jahr aber bescheiden aus.