Neue Bewegung Mobilitäts-Start-ups als Investmentchance

Um den Klimawandel einzudämmen, braucht es eine Energiewende – auch im Verkehrsbereich. Das eröffnet gewaltige Marktchancen, nicht nur für die Elektromobilitätsindustrie. Schließlich geht es um viel mehr als nur strombetriebene Autos: Einen E-Antrieb in traditionellen Kraftfahrzeugkarosserien zu verbauen, ist auch für die moderne Stadtplanung nicht der Weisheit letzter Schluss. Die globale Umstellung zur klimafreundlichen Fortbewegung braucht einen umfassenderen Umbau des Verkehrsystems, der Markt verlangt nach innovativen Lösungen. Viele junge Start-ups erfüllen diesen Wunsch: Sie denken weit über konventionelle Systeme hinaus und setzen neue Technologieimpulse, die auch etablierten Unternehmen vielversprechend erscheinen. Kooperationen werden gesucht, das Interesse der Industrie an zündenden Ideen ist groß, sich mit innovativen Jungunternehmern zu schmücken, hilft auch dem Image des traditionellen Markenportfolios. Und schließlich hoffen die Konzerne, aus neuen Technologien reife Produkte entwickeln zu können, die für den breiten Markt kompatibel sind und zum Bestseller von morgen werden. Elon Musk hat ja gezeigt, wie das geht.

Das bedeutet großes Potenzial für Investoren. Für die sich im Wandel befindliche Automobil- und Mobilitätsbranche werden gezieltes Innovationsmanagement und Technologiescouting unerlässlich, will man Existenzen in der Industrie sichern. Gerade Jungunternehmer mit kreativen Ansätzen und eigenen Zugängen in ihrer Forschung stehen im Fokus, denn sie treiben mit ihren innovativen grünen Energielösungen den Markt voran und denken Prozesse neu. In der lebendigen Szene wittert man das große Geschäft, es herrscht Goldgräberstimmung. Kein Wun­der, schätzen Experten die Entwicklung neuer Formen der Mobilität auf lange Sicht doch fast schon euphorisch ein. Politik und Forschung sind mit an Bord und staatliche Förderungen und Steuererleichterungen schaffen Anreize für den Mega­trend. Breit angelegte Kommunikationskampagnen bei den Konsumenten sorgen für eine hohe Awareness und sollen die Akzeptanz neuer Konzepte ankurbeln. Einige Beispiele zeigen, wie vielfältig und bunt es in der neuen Gründerzeit in der Mobilitätsbranche zugeht.

Spannende Technologien Drohnen sind schon lange beliebt, aber im Einsatz für den Innenbereich wegen der komplizierten Steuertechnik ein heikles Thema. Spannend für Betreiber von Industrieanlagen sind spezielle Drohnen wie die der Schweizer Flyability, die im Einsatz für Inspektionen durch komplexe und enge Räume fliegen können, ohne diese dabei zu beschädigen. Dass bei der Entwicklung solcher Lösungen nicht nur technisches Know-how im Vordergrund steht, sondern eine Akribik im Vorgehen erforderlich ist, weiß CEO Patrick Thévoz: „Die Herausforderungen, denen wir uns bisher gestellt haben, gehen über rein technologische hinaus: Diesen Markt zu verstehen, um das richtige Produkt zu bauen, war unsere größte Herausforderung als Pionier. Der große kommerzielle Erfolg dieser Produktgeneration ist zu einem großen Teil auf die Menge an Kundenfeedback zurückzuführen, die wir gesammelt und für unsere Produkte umgesetzt haben.“ Im Bereich City-Logistik tut sich ebenfalls viel. E-Cargo-Bikes sollen in der Zustellung im urbanen Raum zunehmend Sprinter und Transporter ersetzen. Mit austauschbaren Fahrerkabinen und Containermodulen mit bis zu 200 Kilogramm Ladevolumen sowie schnell wechselbaren Akkus verfolgt die Berliner Onomotion ihre Vision von emissions­armer Mobilität, um im innerstädtischen Bereich Platz zu sparen. Ein ebenfalls zukunftsträchtiges Element ist die autonome Mobilität im öffentlichen Verkehr. Hier stehen spannende Technologien in der

Oben: Der Sion dient auch als ­Energiespeicher, GP Motion (links) verwandelt Fahrräder in E-Bikes.

Entwicklung – wie Flottenorchestrierungen und der Abgleich von Fahrzeugen und Passagieren über Cloudservice für auto­nome und fahrergesteuerte Fahrzeuge. Auch softwarebasierte Satellitennaviga­tionsreceiver wie der Pathfinder der deutschen Naventik könnten Grundsteine für die Zukunft legen: Er wird als Sensor in autonome Fahrzeuge für die Lokalisierung eingesetzt.

Mobilitätsvordenker: smarte Start-ups

Als Pioniere der Zukunft treten viele junge Start-ups mit ihren neu gedachten Konzepten den Weg in die Zukunft an. Das deutsche Unternehmen Sono Motors startete 2016 und entwickelt ein geräumiges Elektroauto mit einer Reichweite von bis zu 305 Kilometern, das sich selbst über Sonnenenergie lädt. Über Solarintegra­tion und durch Solarpanels, die in die gesamte Karosserie verbaut wurden, kann der Sion eine zusätzliche Reichweite von bis zu 245 Kilometern pro Woche generieren. In nur 35 Minuten ist der Sion an
einer Schnellladestation zu 80 Prozent aufgeladen und dank seines bidirektio­nalen Ladegeräts versorgt er auch andere E-Fahrzeuge mit Strom. Mit einer bidirektionalen Wallbox wird der Sion sogar zu einem eigenen Energiespeicher für das Zuhause und damit zum Blackout-Notprogramm. Immerhin versprechen die Macher des Sion eine autarke Versorgung für bis zu fünf Tage.

Das Flugtaxi-Start-up Volocopter aus dem deutschen Bruchsal setzt auf emissionsfreie Privathubschrauber. Der senkrecht startende VoloCity ist ein unbemanntes elektrisches Flugtaxi mit einer Reichweite von 35 Kilometern und einer Höchst­geschwindigkeit 110 km/h. Das Problem: Solche Flugtaxi-Ideen gibt es weltweit viele, zum Verkehr zugelassen sind sie aber noch nirgends. Um den Zertifizierungsprozess zu schultern, befindet sich das schwäbische Unternehmen mit Büros in München und Singapur gerade in einer Finanzierungsrunde.

Mit dem Anspruch, in kürzester Zeit aus jedem Fahrrad ein superleichtes E-Bike zu machen, ist GP Motion aus Villach am Markt angetreten. Mit ihrem Nachrüst­antrieb add-e bieten die Österreicher eine kraftsparende Alternative, die als kompakter Flaschenakku an den Radrahmen angebracht wird: gerade mal 2,1 Kilogramm schwer, der weltweit leichteste seiner Klasse und dabei bis zu 600 Kilowatt (45 km/h) leistungsstark. Als Außenläufermotor wird die Kraft ganz ohne Getriebe direkt auf den Reifen übertragen.   ←