assets Magazin: Sebastian Nitsch
Sebastian Nitsch, 6B47:
"Renditen konservativer Immobilienveranlagung passen sich der Inflationsabgeltung an.

Monopoly ohne Grenzen

Betongold – ein unschönes Wort, das aber bei Anlegern noch immer die erste Wahl ist, wenn es um sichere Investitionen geht. Vom Wiener Zinshaus über Ferienanlagen an Seen bis zu Gewerbeobjekten wie Büros und Logistiklagern: Die Nachfrage nach guten Immobilien ist ungebrochen hoch, die Coronakrise hat den Run auf ideal gele­gene und bestens entwickelte Projekte sogar weiter gesteigert. Die Aussicht auf (kurzfristig) hohe Renditen ist dabei gar nicht das wichtigste Argument, es geht um langfristige – und vor allem um sichere und sinnvolle – Investitionen. Dabei sehen immer mehr Investoren aber auch ins Ausland. Weshalb sollte man sich schließlich auf Österreich konzentrieren, wenn es so viele tolle Möglichkeiten jenseits unserer Grenzen gibt? Es ist wie bei der Wahl der Urlaubsdestination: Wien, Steiermark oder Tirol sind zwar interessant, aber Italien, Spanien oder Deutschland haben ganz andere Reize.

assets Magazin: Daniel Jelitzka
„Wir haben die Delle zum Anlass genommen, in der Hotellerie zuzukaufen.“
Daniel Jelitzka, JPI –

Daniel Jelitzka, Geschäftsführer des Wiener Projektentwicklers JPI, sieht zwei Themen, die derzeit den Immobilienmarkt in Europa prägen: die Fiskalpolitik der EZB und die Pandemie, die unter anderem die Hotellerie stark in Mitleidenschaft gezogen hat. Vor diesem Hintergrund ergeben sich für Anleger nun durchaus Chancen. JPI selbst war in den vergangenen Monaten verstärkt im Hospitality-Bereich in Europa aktiv: „Wir haben die Delle zum Anlass genommen, in der Hotellerie zuzukaufen.“ Er rechnet damit, dass die Erholung nach der Coronakrise im Leisure-Segment rasch vorangehen wird, denn die Reiselust sei enorm. Dazu kommt: Viele Hotelbetreiber können sich die Pacht nicht mehr leisten, die Eigentümer geraten unter Druck und können die Kredit­raten in weiterer Folge nicht zahlen. „Doch die Hotellerie wird sich rasch er­holen, nun können leer stehende Hotels günstig erworben und neu positioniert werden“, sagt Jelitzka. Das gehe am besten in Südeuropa. Weitere interessante Marktsegmente sind nach Ansicht des Immobilienexperten der Einzelhandel (vor allem wegen der höheren Leerstandsraten in B- und C-Lagen) sowie die Logistik, unter anderem aufgrund der Zunahme des E-Commerce.

Potenzial in Polen

Von der hohen Nachfrage nach hochkarätigen Immobilien will auch die Wiener 6B47 profitieren, wie CEO Sebastian Nitsch im Gespräch mit assets erklärt: „Wir wollen den Wachstumskurs fortsetzen.“ Derzeit hat 6B47 ein Projektentwicklungsvolumen von 1,6 Milliarden Euro, es soll um mindestens eine Milli­arde steigen. Investiert wird in Metropolregionen in Österreich – hier nur in Wien und Graz – sowie in Deutschland und Polen. „Wir sehen Warschau und Breslau als spannende Märkte, dort ist man zwei bis drei Jahre hinter Wien zurück und für institutionelle Investoren sind noch Renditen zwischen fünf und sechs Prozent möglich.“ Wegen des Zuzugs in die Städte steige in Polen die Zahl der Mieter. Und bei Wohnimmobilien werden Investoren generell hellhörig. Vorsorgewohnungen sind prinzipiell interessant, geografisch sieht Daniel Jelitzka den Süden Europas aber als attraktiveres Zielgebiet. „Besonders spannend finde ich Triest, nicht nur wegen der starken Verbindungen zu Wien. Dort passiert viel, es wird zum Beispiel ein neuer Terminal für Kreuzfahrtschiffe gebaut.“

Worauf sollten Investoren aber achten, wenn es um die Auswahl der richtigen Projekte geht? Für Investoren sind rechtliche Sicherheit, technische Abstimmung des Projekts und die richtige Einschätzung des Marktes die wichtigsten Faktoren bei einem Investment im Ausland, erklärt Daniel Jelitzka (JPI). Es ist dabei nicht ausreichend, sich oberflächlich über ein bestimmtes Objekt und seinen Standort zu informieren. „Wenn man sich in einer fremden Stadt eine Immobilie kauft, reicht es nicht, einmal hinzufahren und dort essen zu gehen. Man muss in die Gegend, in der man investieren möchte, richtig eintauchen und sich umfassend informieren.“

Sebastian Nitsch verweist auf die großen Unterschiede zwischen den Märkten. „Sogar innerhalb von Städten wie Wien gibt es unterschiedliche Entwicklungen. Denken wir nur an die Gegend um den Karmelitermarkt im zweiten Bezirk, da gab es Preissteigerungen von mehr als 200 Prozent über die letzten Jahre.“

Immobilien bleiben alternativlos

Welche Entwicklung erwarten die Experten für die europäischen Immobilienmärkte? Bei den Renditen sieht Sebastian Nitsch wenig Bewegung nach oben. „Ich bin der Meinung, dass die Renditen der konservativen Immobilienveranlagung immer mehr an die Inflationsabgeltung angepasst werden, in großen deutschen Städten haben wir im Neubau bereits Renditen unter drei Prozent.“ Chancen ergeben sich bei den bereits erwähnten Ferienimmobilien, aber etwa auch beim studentischen Wohnen – so sind höherpreisige Studentenheime mit Extra-Serviceleistungen gefragt. Und generell wird an Immobilien weiterhin kein Weg vorbeiführen, da sind sich die Experten einig. Dafür sorgt die anhaltende Niedrigzinsphase. Motto: Betongold – was sonst?