assets Magazin: Innox

Bestens verbunden

Die Mur-Metropole Graz in vorweihnachtlichem Glanz. Dicht drängen sich die Einkäufer im legendären Warenhaus Kastner & Öhler. Besonders eng geht es in der Kosmetikabteilung zu. Magnet ist ein junger Student aus Wien, der Produkte der Beauty-Marke Estée Lauder anpreist. Und bis zum Nachmittag für leere Regale sorgt.  „Ich habe in der Zentrale angerufen und gefragt, ob ich nach Hause gehen kann oder ob sie mehr Waren liefern“, erinnert sich Hans Sailer lachend an seinen ersten Studentenjob. 

Seit damals weiß er, dass er gerne verkauft. Und ziemlich gut darin ist. „Aber nur, wenn ich vom Produkt überzeugt bin“, winkt der heute 52-Jährige ab, „ich dränge niemandem etwas auf.“ Vielmehr neigt er dazu, Dinge und Prozesse zu hinterfragen. Wie etwa: Wie sehen die Prozesse in einem Unternehmen aus? Wie wäre es, dort zu arbeiten? Welche Projekte haben sie am Laufen? Die Neugier lohnt sich. Schließlich ist daraus Innox entstanden, das wohl wichtigste Innovatoren-Netzwerk in Österreich. „Mit 200 Unternehmen und 530 Innovationstreibern als Mitgliedern“, ist Sailer, der Erfinder von Innox, hörbar stolz auf den gewaltigen Erfolg seiner Idee.

Verkauf, Controlling, Innovation

Doch der Reihe nach: Man kann die Attraktivität von Innox nur dann verstehen, wenn man die durchaus abwechslungsreiche Karriere von Sailer verfolgt. Die begann nach dem Studium beim Rechte-Vermarkter AKM im Außendienst. Und ging wieder recht schnell. Nach zwei Monaten war der Niederösterreicher bester Verkäufer, nach fünf Monaten Leiter des Außendienstes. „Zu diesem Zeitpunkt bekam ich auch mein erstes Digitalisierungsprojekt“, erinnert sich Sailer. Er führte die Mobiltelefonie und Laptops im AKM-Außendienst ein, schuf Datenbanken und vereinfachte Prozesse. Sein Programm „mobile working“ ist heute noch im Einsatz, Sailer ist seit 15 Jahren weg. Die Telekom Austria lockte. „Ich war Vorstandsassistent und Leiter der Strategieprozesse.“ Diese Aufgabe umfasste auch die Planung und Vorbereitung des Einstiegs ins TV-Business: „Ein gewaltiges Projekt, das ganze Haus war involviert. Mitarbeiter flogen nach Hollywood, um Filmrechte einzukaufen, wir planten Customer Service, den Produktvertrieb, die Kanäle und Botschaften für das Marketing. Es war schön zu sehen, dass es geht, auch ein großes Schiff in eine Richtung zu drängen.“ Was aber nicht immer ganz einfach war. Denn: Das Controlling machte dem Visionär das Leben schwer. „Deshalb wollte ich diesen Job auch einmal ausprobieren.“ 

Wahre Berufung

Bei einem auf medizinische Produkte wie Prothesen und Implantate spezialisierten Unternehmen ging sein Wunsch in Erfüllung. Was mitunter die größte Strafe ist. Denn aus der Kreation von Pivot-Tabellen und dem pingeligen Aufspüren von Einsparungspotenzialen zog der Umtriebige nur wenig Befriedigung. „Ich brauche den Kontakt zu Menschen“, ist Sailer klar geworden. Der Verkauf bietet das, also ging er als internationaler Sales- und Marketing-Chef zu einem Medizintechnik-Unternehmen, wo er mit großen Exportmärkten wie USA und Russland Erfahrung sammelte. Und damit prompt in der Unternehmensberatung landete. Und seine Bestimmung fand: Innovation. Denn er arbeitete dort an einem Konzept zur damals noch futuristischen Elektromobilität. Und gewann damit den Staatspreis, samt Auszeichnung durch Ministerin Doris Bures. 

„Eine große Sache“, erinnert sich Sailer. Erstmals kam er auch mit Ideenmanagement-Plattformen in Kontakt. Jetzt legte Sailer richtig los, organisierte richtungsweisende Veranstaltungen wie das M2M Forum CEE und 3D-Printing-Events. Den deutschen Innovationsberater Hyve, der Kunden von Lufthansa bis Siemens betreut, holte er nach Österreich und fand rasch Kunden wie ÖAMTC und Erste Bank dafür. 

Sein Netzwerk entstand fast automatisch. Vor acht Jahren begann er damit, Unternehmen zusammenzubringen. Die Idee: Innovationsleiter sollen voneinander lernen. Das besuchte Unternehmen erzählt von den eigenen Innovationsprozessen, von Hürden, von Fehlern, die Besucher stellen Fragen und präsentieren ihre Vorhaben. So etwas gab es bisher nicht. 

assets Magazin: Hans Sailer

„Unser Netzwerk funktioniert bis jetzt nur über Empfehlungen.“

– Hans Sailer – 
Gründer und Betreiber Innox Network e.U.

Also machte Sailer ein Geschäftsmodell daraus. Seit Februar ist er mit Innox selbstständig. Was er seinem rasant wachsenden Netzwerk bietet? Sailer holt weit aus: „Zum Ersten: Erfahrungsaustausch. Etwa, indem wir ein Unternehmen besuchen, das einen Hackathon veranstaltet hat. Wer auch einen abhalten will, erfährt, welche Fallstricke warten, worauf man aufpassen muss etc.“ Zum Zweiten: „Seminare, etwa zu Business Model Innovation oder Innovationskultur.“ Sailer holt dafür Experten beispielsweise von der renommierten Uni in St. Gallen, die sonst kaum in Österreich zu sprechen sind. Punkt drei sind Innovationstouren „in Ökosysteme, die es bei uns noch nicht gibt“. In Berlin lockte etwa die IBM-VW-Garage. Und dann gibt es noch vergünstigte Tickets für einschlägige Events wie das 4Gamechangers-Festival von Puls 4.

Mit dieser Angebotspalette scheint Sailer den Nerv der Unternehmen getroffen zu haben. Angepriesen hat er sein Innox-Netzwerk noch nie. „Nicht einmal eine Homepage habe ich“, lacht Sailer. „Unser Netzwerk funktioniert über Empfehlungen, man kontaktiert mich über LinkedIn.“ Und zwar überaus gut, die 2.000 Euro Jahresgebühr für Mitglieder schrecken niemanden ab. Zu verlockend ist Sailers großes Ziel: „Innox soll Innovationsleitern helfen, schneller, besser und fehlerfrei zu innovieren. Die Vision ist ein Ökosystem, in dem wir gemeinsame Innovationen auf den Boden bringen.“ Ein Vorbild dafür hat er bei der Innovationsreise in Berlin gefunden: „IBM überlegt gemeinsam mit VW, wie man die Watson-Technologie für den Fahrzeugbau nutzen kann.“ 

Das, so Sailer, sei die Zukunft: „Große Unternehmen wollen nicht immer mit Start-ups kooperieren. Oft ist es interessanter, einen anderen Riesen zur Kooperation zu bewegen. Man führt Experten aus beiden Firmen zusammen und arbeitet an Innovationen. Der Output ist gewaltig. Aber die Ökosysteme dafür muss man erst bauen.“ Einen geeigneten Architekten gibt es jedenfalls schon.   ←