assets Magazin: Comgest

Dauerbrenner

Fonds-Portfolio mit Gewinnern

Technologie-Aktien, allen voran die digitalen Champions, sind des Anlegers Lieblinge. Umso mehr, als das Covid-19-Virus der Digitalisierung weltweit einen kräftigen Anschub verpasst hat. So ist mittlerweile auch schon Otto Normalanleger „FANGMAN” ein Begriff. Das Akronym steht für die sieben wertvollsten Tech-Konzerne weltweit, Facebook, Amazon, Netflix, Google, Microsoft, Apple und Nvidia. Die Marktkapitalisierung dieser sieben Unternehmen überstieg im Sommer erstmals die Marke von unglaublichen sieben Billionen US-Dollar. Doch diese starke Konzentration birgt auch Gefahren. Die US-Börse, allen voran der für Technologie maßgebliche Nasdaq-100-Index, befindet sich gleichsam in Geiselhaft dieser sieben Unternehmen. Das heißt nun nicht, dass Gewinn und Umsatz dieser sogenannten Wachstumsunternehmen nicht weiter steigen werden. Aber so manchem Börsianer wird ihre Bewertung an der Börse zu heiß. Wie immer in Übertreibungsphasen steigt zudem die Schwankungsfreudigkeit der Kurse. 

Es gibt aber auch noch eine andere Definition von Wachstum. „Bei uns geht es nicht um Wachstumsaktien, sondern um Qualitätswachstum“, betont Dieter Wimmer, Leiter Sales Österreich beim Asset-Manager Comgest. Vor Ausbruch der Pandemie hätten etliche Segmente als klassische Wachstumsbranche gegolten, beispielsweise aus der Tourismusbranche Kreuzfahrtschiffgesellschaften oder Entwickler von Buchungssystemen. Diese ­haben nun naturgemäß stark gelitten. Aktien der Royal Carribean Group beispielsweise haben noch Anfang des Jahres 2020 zu einem Allzeithoch notiert. Bis Anfang Oktober allerdings ist der Kurs um 50 Pro­zent eingeknickt. 

assets Magazin: Dieter Wimmer, Comgest
Dieter Wimmer: „Wir haben die Covid-Krisenphase dazu genutzt, um Unternehmen aus unserem Investment-Universum auf Erfolgsfaktoren abzuklopfen.“

Zweistelliges Gewinnwachstum

Unternehmen, die für die Comgest-Fondsmanager der hauseigenen Definition von Qualität und Wachstum entsprechen, sind solche, die entweder in einem Markt agieren, der strukturell wächst. Oder es sind Firmen, die von ihrem ­Geschäftsmodell her in der Lage sind, kontinuierlich stark steigende Erträge zu erwirtschaften. Die Branchen Gesundheitswesen, Telekommunikation und Tech erfüllen diesen Anspruch mehrheitlich. 

„Wir haben die Covid-Krisenphase dazu genutzt, die Unternehmen aus unserem Investment-­Universum auf solche Erfolgsfaktoren hin abzuklopfen“, erklärt Wimmer. Ziel sei ein zweistelliges Gewinnwachstum pro Jahr über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren. 

Das Ergebnis dieser Recherche sind konzentrierte Fonds-Portfolios, in denen die Wertpapiere so lange wie möglich gehalten werden sollen. ,,In unsere Flaggschiff-Fonds kommen nur Titel von Unternehmen hinein, die wir sehr lange und sehr gut kennen“, so Wimmer. Nur so könne man jene ausschließen, die zwar in einer Sonnenschein-Wirtschaftsphase gut performen, einen konjunkturellen Abschwung dann aber voll mitmachen, und jene rausfiltern, die sich in guten wie in schlechten Zeiten gut halten. Das sind natürlich zum einen Branchen und Konzerne, die Güter herstellen, die auch in einer Krise gefragt sind, z. B. Pharmaunternehmen wie Roche oder Novo Nordisk. So ist Roche das weltweit führende biopharmazeutische Unternehmen, während das ­dänische Pharmaunternehmen Novo Nordisk für seine marktführende Dia­betesbehandlung bekannt sei. Novo Nordisks Diabeteskunden seien besonders für das Virus anfällig. Das Unternehmen habe während der Krise vom Horten seiner lebenswichtigen Medikamente profitiert. Das Roche-Mittel Actemra habe sich als effektiver Entzündungshemmer im Kampf gegen die mit dem Virus verbundenen Pneumonien erwiesen. Darüber hinaus erlebe das Unternehmen eine Sonderkonjunktur durch seine Covid-19-Tests. Ebenso resistent sind Zahlungsdienstleister wie Adyen, die von der erhöhten Bereitschaft in der Bevölkerung, online und mobil zu bezahlen, profitieren. Adyen gewinnt etwa jedes Mal, wenn eine Zahlung online getätigt wird. Durch die Pandemie hat der Bargeldverkehr massiv gelitten – zugunsten des bargeldlosen Zahlungsverkehrs – und damit das ohnehin dynamische Wachstum von Fintech-Unternehmen wie Adyen beschleunigt. 

Begehrte Lizensierung

Auch Unternehmen, die wiederkehrende Erträge erzielen, etwa weil sie Lizenzen mitverkaufen, zählten dazu. „MTU Aero Engines, Hersteller und Wartungsanbieter von Triebwerken für die Luftfahrt, hat zwar jetzt unter dem Einbruch des Flugverkehrs gelitten“, erklärt Wimmer, „aber dennoch wird weiter geflogen und man wird weiterhin Service, Kontrollen und Checks benötigen, also wird MTU in der Folge wieder gute Zahlen schreiben.“ Denn nur Flugzeuge, deren technisch einwandfreier Zustand nachgewiesen werden kann, dürfen abheben.

Zeitgeistig

Wimmer führt des Weiteren Konsumgüterhersteller und teils auch den Einzelhandel an, wie etwa den US-Supermarktriesen Walmart, der mit einem neuen Kundenbindungsprogramm seine Position gegenüber dem Onlinehändler Amazon stärken will. „Auch in einer Krise putzt man sich die Zähne oder wäscht sich die Haare.“ Um den vor 111 Jahren gegründeten größten Kosmetikhersteller der Welt L’Oréal wird man sich daher kaum Sorgen machen müssen. Ebenso würden Produkte von „starken Marken“ wie Lindt & Sprüngli oder LVMH – mit Marken wie Louis Vuitton, Tiffany oder Dior – nach wie vor Absatz finden. „Es ist nicht so, dass keiner mehr Premiumschokolade nascht, keine Weine getrunken werden oder dass morgen kein Schmuck mehr gekauft wird“, sagt Wimmer. 

Die Reaktions- und Anpassungsfähigkeit der Geschäftsmodelle spielen bei der Analyse ebenso eine Rolle wie die Stabilität der Bilanzen. Beispiel Inditex: Obwohl das Textilunternehmen mit der bekannten Marke Zara wegen des Lockdowns Umsatzeinbußen hinnehmen musste, ist es in der Lage, jetzt viel Geld für seine Onlineplattform in die Hand zu nehmen. Dass digitale Dienstleistungen über die Coronakrise hinaus wachsen werden, zeichnet sich bereits ab. 

Ökonomische Burggräben

Interessante Unternehmen sind auch jene, die hohe Markteintrittsbarrieren aufweisen. Schon Starinvestor Warren Buffett sprach von „Economic Moats”, also ökonomischen Burggräben. „Das US-amerikanische Unternehmen Stericycle hat als Abholer von medizinischen und toxischen Abfällen nicht nur jetzt in der Krise alle Hände voll zu tun, sondern auch mit seinen 500 Trucks einen enormen Vorsprung“, so Wimmer. Das sei nicht so einfach kopierbar. 

Ein ganz wesentlicher Punkt beim Investmentansatz von Comgest ist, „dass gesunde Bilanzen, hohe Innenfinanzierungskraft und regelmäßiges Wachstum lediglich das Ergebnis von Qualität sind, jedoch selbst keine Qualität darstellen. Deshalb greift ein rein quantitativer Ansatz zur Defini­tion von Qualität aus unserer Sicht zu kurz.“ Hier kämen „nicht finanzielle“ oder sogenannte ESG-Faktoren ins Spiel (Anm.: ESG ist die Abkürzung für Environment, Social, Governance, zu Deutsch: Umwelt, Soziales, verantwortungsvolle Unternehmensführung). Die Berücksichtigung von ESG-Kriterien finde aber nicht erst seit Corona statt und sei keinesfalls ein Marketinggag. Vielmehr besteht eine „direkte Verbindung zwischen ESG und nachhaltigem Ertragswachstum, denn langfristig führen alle sozialen und umwelttechnischen Probleme sowie eine schlechte Unternehmens-Governance zu finanziellen Schwierig­keiten“, so Wimmer. „Unsere Portfolio­manager stimmen sich eng mit unseren ESG-Managern ab. Die individuelle ESG-Qualität fließt über eine Risikoprämie im Diskontierungssatz als fester Bestandteil in die Gesamtbewertung jedes einzelnen potenziellen Investments ein.“

Impact Investing wird großgeschrieben

Das „Impact Investing” wird bei Comgest großgeschrieben. So ist es wenig überraschend, dass Comgest mit anderen Investoren gemeinsam einen offenen Brief an die brasilianische Regierung geschrieben hat. „Wir haben die treuhänderische Pflicht, im besten langfristigen Interesse unserer Kunden zu handeln“, zeigt sich Comgest besorgt über die finanziellen Auswirkungen, die die Rodung von Wäldern und die Verletzung der Rechte indigener Völker auf die Kunden und Portfoliounternehmen haben könnten, da sowohl Reputations-, Betriebs- als auch Regulierungsrisiken zuzunehmen drohten.

Auch die Vergütungssysteme von Vorständen würden immer wieder kritisch unter die Lupe genommen. Auf Missfallen stieß beispielsweise das Ansinnen von Campari, den Hauptsitz nach Holland zu verlegen, weil dort das Management und die Firmeninhaber dank längerer Haltedauer ihrer Aktien über mehr Stimm­rechte verfügen würden als die übrigen Anteilsinhaber.    ←

Copyright: © Philipp Tomsich