assets Magazin: S&T AG Linz
Female worker in factory checking robotic line for water bottling and packing. Inspection of quality control.

Comeback

„Die Trends sind unser Wachstumstreiber“

Eine österreichische Marke? Dabei denken die meisten mit Sicherheit an Red Bull, Manner und Swarovski. Und doch gibt es viele Unternehmen, die in ihren Branchen weltweit zu den besten gehören, ohne dass sie in der breiten Öffentlichkeit so bekannt sind wie Energydrinks, Schnitten oder Glas­figuren. Ein Paradebeispiel für einen solchen Hidden Champion ist die Linzer S&T AG. Bemerkenswert an diesem IT-Dienstleister ist nicht nur seine Entwicklung inmitten der Coronakrise, sondern vor allem die erstaunliche Wiedergeburt – mehrmals wurde das Unternehmen bereits abgeschrieben.

assets Magazin: Hannes Niederhauser
S&T-CEO Hannes Niederhauser: Erst erfolgreicher Gründer in Deutschland, dann erfolgreicher Sanierer in Österreich.

Phönix aus der Asche

Heute gilt S&T als Paradebeispiel der heimischen IT-Landschaft – und mehr als das: In rund 30 Ländern ist der Konzern tätig und in der europäischen IT-Branche zum Inbegriff für zuverlässige IT-Dienstleistungen geworden. Durch einige Akquisitionen in jüngerer Zeit hat sich das Wachstum zuletzt rapide beschleunigt. Dabei hatte es noch vor wenigen Jahren so ausgesehen, als würde S&T von der Bildfläche verschwinden. 2009 war das Vorgängerunternehmen gleichen Namens in gröbere Probleme geraten, 2010 kehrte deswegen sogar Firmengründer Thomas Streimelweger in den Chefsessel zurück. Erst die Verschmelzung mit Quanmax (der ehemaligen Gericom) im Jahr 2012 brachte dann die Kehrtwende: Die neue S&T startete mit einem Jahresumsatz von rund 340 Millionen – heute ist er mehr als dreimal so hoch.

Feiner Riecher

Mit dem Turnaround untrennbar verbunden ist der Name Hannes Niederhauser: Der jetzige CEO war maßgeblich an der Wiederauferstehung beteiligt und hält S&T heute beharrlich auf Wachstumskurs. Sein Weg an die Spitze der Firma ist bemerkenswert: Der gebürtige Oberöster­reicher war in den 1990ern als Gründer der deutschen Kontron eine schillernde Figur der IT-Branche des Nachbarlandes. Kontron wurde zu einem führenden Anbieter bei Embedded Computing – diese Systeme, die im Hintergrund spezielle Aufgaben übernehmen und im Prinzip die Verschmelzung von Computern mit Maschinen darstellen, wurden damals zum Trendthema in der IT. Kontron war im TecDAX gelistet und steigerte unter Niederhauser den Umsatz zwischen 1998 und 2007 von 35 auf 450 Millionen Euro. 

Nach einer kurzen Auszeit folgte die Rückkehr in die Heimat: 2008 übernahm Niederhauser das Ruder bei Quanmax, vier Jahre später folgte gemeinsam mit dem Sanierer Erhard Grossnig die Übernahme von S&T. Seit damals geht es bergauf – eine Entwicklung, die selbst die größten Optimisten nicht vorhergesagt hätten. Woran liegt das? „Wir beobachten technische Entwicklungen sehr genau und reagieren schnell, sobald wir Chancen identifiziert haben“, analysiert Nieder­hauser im Gespräch mit assets nüchtern. Tatsächlich ist S&T in jenen Bereichen gut aufgestellt, die nicht nur als IT-Trends gelten, sondern die Wirtschaft insgesamt verändern: Ob es um das Internet der Dinge, Industrie 4.0, autonome Transporte oder Datenschutz geht – S&T ist genau dort stark, wo die digitale Trans­formation und der Umbruch in der Wirtschaft geschehen. Hier zeigen sich die Parallelen zu Niederhausers Tätigkeit bei Kontron: Auch damals passten die Angebote zu den Trends.

Shoppingtour

Mit dem Erkennen von Trendthemen alleine ist es aber nicht getan, es braucht auch das passende Umfeld: Und so sollen flache Hierarchien und ein gutes Betriebsklima das Unternehmen für Mitarbeiter attraktiv machen. CEO Niederhauser selbst legt großen Wert auf „Teambereitschaft und ein Miteinander, kein Gegen­einander“, wie er sagt. Eine Grundlage des Wachstums sind außerdem Akquisitionen: 

• 2017 erfolgte die vollständige Über­nahme von Kontron, im Jahr davor war S&T beim ehemaligen Unternehmen von Niederhauser eingestiegen.

• Im Vorjahr wurde die Dresdner AIS gekauft (Industrieautomatisierung). 

• Im Juni des heurigen Jahres hat S&T die slowenische Iskratel-Gruppe übernommen, die auf industrielle Automatisierung und Kommunikationslösungen für Bahn, Telekom und die Energiewirtschaft spezialisiert ist. 

• Im Juli wurde der deutsche Full-Service-Provider Citycomp übernommen – ein wichtiger Schritt auf dem deutschen Markt. „In der Vergangenheit waren wir hier regional schwach aufgestellt und hatten dadurch Nachteile in der Kundenakquisition“, erläutert Niederhauser. Mit dem Kauf von Citycomp stehe nun ein bundesweites Vertriebsnetzwerk zur Verfügung. S&T wird damit zu einem Top-Player am deutschen Markt. 

Corona ohne Krise

Die Coronakrise hat bisher keine Delle geschlagen, im Gegenteil: Das zweite Quartal brachte ein Umsatzplus. Das liegt unter anderem an starker Nachfrage in jenen Bereichen, in denen S&T gut aufgestellt ist – zum Beispiel in der Medizintechnik oder bei der Ausstattung von Homeoffice-Plätzen. „Die Trends sind unser Wachstumstreiber“, sagt Niederhauser – und das wirkt sich nicht nur in der derzeitigen Situation aus, sondern bestimmt die nahe und ferne Zukunft. Er erwartet steigende Nachfrage in den Bereichen Smart Factory (Echtzeitvernetzung von Produktions­maschinen) und Transport (autonomes Fahren, Ausbau von Zugstrecken für Hochgeschwindigkeitsverkehr). Wichtig sei auch die Kommunikation, wobei „hier neueste Entwicklungen im 5G-Bereich ein starker Treiber sind“, wie der S&T-Chef betont. Dazu kommen Industrie 4.0 und Internet of Things: Mit seinem IoT-Software-Framework namens SUSiEtec biete sein Unternehmen das optimale Produkt, um den Digitalisierungsprozess der Kunden voranzutreiben. Und die Vernetzung der Maschinen ist unaufhaltsam: Schon heute gibt es 20 Milliarden Maschinen im Netz, 2025 werden es 75 Milliarden sein. „S&T ist an vorderster Front, dies umzusetzen“, meint Niederhauser. Bis 2023 soll die magische Grenze von zwei Milliarden Euro Jahresumsatz erreicht werden. Und durch Corona werden weitere, kostengünstige Akquisitionen möglich. „Neben natürlichem Wachstum werden uns Akquisitionen helfen, dieses Ziel zu erreichen“, erklärt Niederhauser. Prinzipiell achtet er bei Käufen darauf, Technologie zu erwerben, die „zur Technologiestrategie passt, das Produktportfolio ergänzt und die Möglichkeit bietet, Synergie­ef­fekte zu heben“.   ←

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